Pharmakodynamik
Estradiol wirkt durch Bindung an zwei Subtypen des Ăstrogenrezeptors: Estrogenrezeptor alpha (ERα) und Estrogenrezeptor beta (ERÎČ). Das Hormon hat auch eine starke agonistische Wirkung auf den G-Protein-gekoppelten Estrogenrezeptor (GPER), welcher ein wichtiger Regulator der schnellen Wirkungen des Estradiols ist. Sobald sich der Wirkstoff an seinen Ăstrogenrezeptor gebunden hat, dringt er in den Kern der Zielzelle ein und reguliert die Gentranskription und die Bildung der messenger-RNA. Diese mRNA tritt mit Ribosomen in Kontakt, die spezifische Proteine produzieren, welche die Wirkung von Estradiol auf die Zielzelle zum Ausdruck bringen. Der Agonismus von Ăstrogenrezeptoren verstĂ€rkt die proöstrogenen Wirkungen, was zur Linderung von vasomotorischen (die Bewegung der BlutgefĂ€Ăe betreffenden) und urogenitalen Symptomen eines postmenopausalen oder eines niedrigen Estradiolspiegels fĂŒhrt.
Estradiol ĂŒbt auĂerdem gĂŒnstige Wirkungen auf die Knochendichte aus, indem es die Knochenresorption hemmt.
Pharmakokinetik
Ethinylestradiol unterscheidet sich von Estradiol aufgrund seiner höheren BioverfĂŒgbarkeit und erhöhten Resistenz gegenĂŒber der Metabolisierung, wodurch es besser fĂŒr die orale Verabreichung geeignet ist.
Der First-Pass-Metabolismus im Gastrointestinaltrakt baut Estradiol-Tabletten schnell ab, bevor sie in den systemischen Kreislauf gelangen. Die BioverfĂŒgbarkeit von oralen Ăstrogenen betrĂ€gt daher nur 2â10 %. Nach der Aufnahme werden die Ester gespalten, was zur Freisetzung von körpereigenem Estradiol oder 17ÎČ-Estradiol fĂŒhrt.
Transdermale PrĂ€parate setzen Estradiol langsam durch die intakte Haut frei, wodurch die zirkulierenden Estradiolspiegel ĂŒber einen Zeitraum von 1 Woche aufrechterhalten werden. Die BioverfĂŒgbarkeit von Estradiol nach transdermaler Verabreichung ist etwa 20-mal höher als nach oraler Verabreichung. Transdermales Estradiol vermeidet Effekte des First-Pass-Metabolismus, welche die BioverfĂŒgbarkeit reduzieren.
Bei Vaginalringen und Cremezubereitungen wird das Hormon effizient ĂŒber die SchleimhĂ€ute der Vagina aufgenommen. Die vaginale Verabreichung von Ăstrogenen umgeht den First-Pass-Metabolismus.
Mehr als 95 % der Ăstrogene zirkulieren im Blut gebunden an Sexualhormon-bindendes Globulin (SHBG) und Albumin. Die Stoffwechselumwandlung findet hauptsĂ€chlich in der Leber und im Darm statt. Estradiol wird zu Estron metabolisiert, beide werden in Estriol umgewandelt, welches spĂ€ter mit dem Urin ausgeschieden wird.
Wechselwirkungen
Estradiol wird vorwiegend von CYP3A4 (Enzymfamilie) biotransformiert, daher sind entsprechende Arzneimittel-Wechselwirkungen mit CYP-Inhibitoren und -Induktoren möglich. Dazu gehören Antikonvulsiva (z.B. Phenobarbital, Phenytoin, Carbamazepin), Antiinfektiva (z.B. Rifampicin, Rifabutin, Nevirapin, Efavirenz) und Johanniskraut (Hypericum perforatum).
Bei vaginaler und transdermaler Anwendung von Estradiol sind klinisch relevante Arzneimittelwechselwirkungen nicht anzunehmen, da das Hormon kaum in das Blut- bzw. Lymphsystem des Körpers aufgenommen wird.