Gegenanzeigen
Absolute Gegenanzeigen
Während der Schwangerschaft und Stillzeit und bei Patienten mit diffuser Tumorinfiltration des Knochenmarks darf eine Therapie mit Iobenguan (131I) nicht durchgeführt werden.
Relative Gegenanzeigen
Eine sorgfältige Abwägung des therapeutischen Nutzens einerseits und möglicher Risiken andererseits muß bei Patienten mit folgenden Erkrankungen vorgenommen werden:
Hypertonie, Hyperthyreose, Engwinkelglaukom, Prostataadenom mit Restharnbildung, paroxysmale Tachykardie, hochfrequente absolute Arrhythmie, schwere Nierenfunktionsstörungen, Koronar- und Herzmuskelerkrankungen, Rechtsherzinsuffizienz (Cor pulmonale), arteriosklerotische Gefäßveränderungen, unausgeglichene diabetische Stoffwechsellage.
Bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen ist ebenfalls eine besonders sorgfältige Abwägung zwischen dem zu erwartenden therapeutischen Nutzen und dem mit der Strahlenexposition verbundenen Risiko erforderlich.
Schwangerschaft und Stillzeit
Zur Embryotoxizität von Iobenguan liegen keine Erkenntnisse vor.
Falls es erforderlich ist, einer Frau im gebärfähigen Alter ein radioaktives Arzneimittel zu verabreichen, ist festzustellen, ob eine Schwangerschaft vorliegt. Grundsätzlich muß von einer Schwangerschaft ausgegangen werden, wenn die Menstruation ausgeblieben ist.
Nuklearmedizinische Untersuchungen bei Schwangeren beinhalten auch eine Strahlenexposition des Feten. Die Verabreichung von 7,4 GBq ergibt eine im Uterus absorbierte Dosis von 590 mGy. Strahlendosen über 0,5 mGy werden für den Fetus als potentielles Risiko betrachtet. Eine Therapie mit Iobenguan (131I) darf daher während der Schwangerschaft nicht durchgeführt werden.Iobenguan tritt in die Muttermilch über. Nach Verabreichung von Iobenguan (131I) an eine Stillende waren 0,03% der injizierten Aktivität in der Muttermilch nachweisbar. Falls eine Anwendung während der Stillzeit erforderlich ist, muß das Stillen abgebrochen und die Muttermilch verworfen werden.
Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Warnhinweise
Verschiedene Arzneimittel, die zur Behandlung des Bluthochdrucks oder psychischer Erkrankungen angewendet werden, treten mit Iobenquan (131I) in Wechselwirkung (siehe dort). Eine gleichzeitig durchgeführte Therapie mit diesen Substanzen kann deshalb die Anreicherung von Iobenguan (131I) und somit die Strahlendosen im gesunden Gewebe und in den Tumoren beeinflussen. Nicht kompatible Arzneimittel sollten vor der Anwendung (im allgemeinen vier biologische Halbwertszeiten), mindestens jedoch 2 Wochen vor der geplanten Therapie abgesetzt werden.
Insbesondere ist bei der Planung einer Therapie mit Iobenguan (131I) bei Phäochromozytompatienten auf die Inkompatibilität mit bestimmten Antihypertensiva zu achten. Falls erforderlich, können diese durch Propanolol ersetzt werden.
Wenn eine medikamentöse Behandlung zur Unterdrückung des Brechreizes erforderlich ist, muß darauf geachtet werden, daß nur ein Antiemetikum eingesetzt wird, bei dem eine mögliche Wechselwirkung mit Iobenguan ausgeschlossen ist. Dopamin/Serotonin-Antagonisten beeinträchtigen in den Dosierungen, wie sie therapeutisch eingesetzt werden, die Anreicherung von Iobenguan (131I) nicht.
Zur Reduzierung der Strahlenexposition der Schilddrüse muß diese 24 bis 48 Stunden vor einer Therapie mit Iobenguan (131I) und mindestens 3 Wochen danach blockiert werden.
Zum Zeitpunkt der Therapie mit Iobenguan (131I) muß der Patient ausreichend hydratisiert sein. Ein gestörter Wasser- und Elektrolythaushalt muß spätestens 24 Stunden vor der Therapie ausgeglichen werden. Anschließend muß darauf geachtet werden, daß der Patient ausreichend trinkt und häufig die Blase entleert. Eine Kontamination durch die vom Patienten ausgeschiedene Radioaktivität muß vermieden werden. Die Aufnahme von Iobenguan in die chromaffinen Granula kann in seltenen Fällen zu einer schnellen Freisetzung von Noradrenalin und dadurch zur hypertensiven Krise führen. Bei der Behandlung von Phäochromozytompatienten mit Iobenguan (131I) ist des weiteren zu beachten, daß aufgrund der Erkrankung die Katecholaminspiegel im Blut erhöht sein können. Die Infusion sollte daher unter konstanter EKG- und Blutdruckkontrolle erfolgen, um ggf. ungünstige adrenerge Wirkungen auszuschließen. Wegen der möglichen Gewebsschädigung ist sorgfältig darauf zu achten, daß kein radioaktives Material aus dem Gefäß austritt und in das umgebende Gewebe gelangt.
Es wird empfohlen, über einen Zeitraum von ungefähr einer Woche nach Therapie Ganzkörperaufnahmen durchzuführen, um die biologische Verteilung des Iobenguan (131I) und das Ausmaß der Aktivitätsanreicherung im Tumorgewebe zu untersuchen. Bei Patienten mit diffuser Tumorinfiltration des Knochenmarks können ernsthafte sekundäre Strahlenschäden auftreten (s. Gegenanzeigen). Das Risiko einer Knochenmarksdepression ist insbesondere bei vorangegangener oder glechzeitiger Chemotherapie erhöht. Schwerwiegende Knochenmarksdepressionen sind auch bei Patienten mit vorangegangenen Knochenmarkstransplantationen aufgetreten.
Eine Therapie mit Iobenguan (131I) sollte nur für Patienten in Erwägung gezogen werden, bei denen eine Transplantation mit autologem Knochenmark, das keine oder nur wenige Tumorzellen enthält, möglich ist. Die toxischen Effekte auf das Knochenmark müssen sorgfältig überwacht werden. Nach Beendigung der Therapie sind Blutbildkontrollen jeden zweiten Tag während der ersten Woche und danach einmal pro Woche über den Zeitraum eines Monats durchzuführen.
Radioaktive Arzneimittel dürfen nur durch qualifizierte Personen, die im Besitz einer staatlichen Genehmigung für die Verwendung und den Umgang mit Radionukliden sind, angewendet werden. Dieses Arzneimittel darf nur durch berechtigte Personen in speziell dafür bestimmter klinischer Umgebung in Empfang genommen, gehandhabt und angewendet werden. Die Inempfangnahme, Lagerung und Anwendung sowie der Transport und die Entsorgung unterliegen den gesetzlichen Bestimmungen und/oder den entsprechenden Genehmigungen der zuständigen örtlichen Behörden.
Es sind geeignete aseptische Vorsichtsmaßnahmen in Übereinstimmung mit den Erfordernissen der "Guten Pharmazeutischen Herstellungspraxis" zu treffen. Die Verabreichung von radioaktiven Arzneimitteln ist ein Risikofaktor für Dritte aufgrund der äußeren Strahlenbelastung oder Kontamination durch Verschütten von Urin, Erbrochenem usw. Daher sind die den nationalen Strahlenschutzverordnungen entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen zu beachten.
Vorsichtsmaßnahmen für die Entsorgung
Nicht verwendetes MIBG (1131) Therapeutic DRN 5395 kann man im gesicherten Bereich stehen lassen, bis die Aktivität so weit abgesunken ist, daß das Präparat nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr als radioaktiv betrachtet und als nicht radioaktiver Abfall behandelt werden kann. Die "Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin" ist auch bei der Entsorgung zu beachten.
Stand der Information
August 2002
Zusätzliche Information für Fachkreise
Apothekenpflichtig
Pharmakologische und toxikologische Eigenschaften und Angaben über die Pharmakokinetik und Bioverfügbarkeit
Pharmakologische Eigenschaften
Iobenguan ist ein Analogon, des Neurotransmitters Noradrenalin mit einer Guanidin-Seitenkette. Durch diese besitzt das Arzneimittel gleichzeitig Ähnlichkeit mit dem Ganglienblocker Guanethidin. Wie Noradrenalin wird Iobenguan vor allem in den chromaffinen Granula postganglionärer Neurone des sympathischen Nervensystems und im Nebennierenmark aufgenommen und gespeichert.
Die Aufnahme von Iobenguan über die Zellmembran sowohl von normalen wie auch transformierten Zellen adrenerger Gewebe erfolgt bei niedrigen Konzentrationen, überwiegend mittels eines aktiven Prozesses. Dies ist der Fall bei der diagnostischen Anwendung des Iobenguans. So wurde im Tierversuch gezeigt und in der klinischen Anwendung bestätigt, daß typische Blockierer des Katecholamin Aufnahmemechanismus, wie z.B. trizyklische Antidepressiva und Reserpin, die Anreicherung des Iobenguan im Nebennierenmark hemmen können. Bei hohen Plasmakonzentrationen, wie sie bei therapeutischer Anwendung erreicht werden, gelangt Iobenguan zusätzlich durch passive Diffusion in die Zellen. Dieser Mechanismus kann nicht gesättigt werden und ist einer Hemmung weniger zugänglich. Intrazelluläres Iobenguan wird zumindest teilweise aktiv in die chromaffinen Granula der Zellen transportiert. Bei verschiedenen Formen autonomer Denervierung (Horner-Syndrom), diabetisch autonomer Neuropathie (Shy-Drager-Syndrom) wird eine reduzierte Anreicherung in den betroffenen Organen beobachtet. Im Gegensatz zu Noradrenalin haben ß-Blocker keinen Einfluß auf die Anreicherung des Iobenguans im Nebennierenmark und nur hohe Konzentrationen eines -Blockers konnten im Tierversuch eine deutliche Hemmung der Iobenguan-Anreicherung bewirken.
Toxikologische Eigenschaften
Eine Dosis von 20 mg/kg KG Iobenguan ist bei Hunden letal. Niedrigere Dosen (14 mg/kg KG) verursachten vorüber-gehende toxische Wirkungen. Mehrfachdosen von 2,5 bis 10 mg/kg KG verursachten bei Hunden vorübergehende Symptome wie erhöhten Blutdruck, Veränderungen der Herzfrequenz und EKG-Veränderungen wie Störungen der Erregungsausbreitung. Wiederholte intravenöse Mehrfachdosen von 20 bis 40 mg/kg KG verursachten bei Ratten schwere toxische Symptome. Bei Hunden kam es nach wiederholter intravenöser Verabreichung von 5 bis 20
mg/kg KG ebenfalls zu vorübergehenden toxischen Symptomen einschließlich schwerer Atemnot. Als Langzeitwirkung wurde eine geringe Erhöhung des Gewichts von Leber und Herz beobachtet. Bei den verwendeten Testsystemen konnte keine mutagene Wirkung aufgezeigt werden. Untersuchungen zur karzinogenen Wirkung von Iobenguan wurden nicht durchgeführt. Zur Reproduktionstoxizität von Iobenguan liegen keine Untersuchungen vor. Die therapeutische Breite von Iobenguan ist gering, deshalb sollten Patienten während und mindestens einige Stunden nach Gabe des Arzneimittels unter strenger Kontrolle stehen.
Pharmakokinetik
Nach intravenöser Verabreichung wird Iobenguan vor allem zellgebunden (Erythrozyten, Thrombozyten) im Blut transportiert. In den ersten Minuten nach Injektion erfolgt eine rasche renale Filtration, die nach wenigen Minuten wieder abfällt. Leber und Herz zeigen in den ersten 5 Minuten eine schnelle Anreicherung, die bis zu 30 Minuten konstant bleibt. Ab etwa 4 Stunden nach der Injektion zeigen sich die höchsten physiologischen Konzentrationen in der Leber (33 % der verabreichten Aktivität), im Myokard (0,8 %), in der Milz (0,6 %) und in den Speicheldrüsen (0,4 %). Ca. 3 % der verabreichten Aktivität werden vorübergehend in den mittleren und basalen Lungenabschnitten angereichert. Für die Anreicherung im Myokard konnte eine negative Korrelation zur Speicherung in katecholaminstoffwechselaktiven Tumoren und deren Metastasen festgestellt werden. Die Anreicherung von Iobenguan im Kolon variiert sehr stark.
Die Aufnahme von Iobenguan (131I) im Tumorgewebe ist unterschiedlich für die verschiedenen pathologischen Gewebe. Sie beträgt beim Phäochromozytom und Neuroblastom 90 %, beim Karzinoid 70 % und medullären Schilddrüsenkarzinom nur etwa 35 %.
Die Halbwertszeiten in den verschiedenen Organen weisen sehr große interindividuelle Unterschiede auf. So wird Iobenguan (131I) aus dem Blut mit einer effektiven Halbwertszeit von 38 11 Stunden, aus der Leber mit einer effektiven Halbwertszeit von 50,6 17 Stunden und aus dem Gewebeuntergrund mit einer effektiven Halbwertszeit von 55 23 Stunden eliminiert. Bei Kindern mit Neuroblastom wurden in der Leber Halbwertszeiten von 8-145 Stunden gemessen. Die effektiven Halbwertszeiten für die Elimination aus Tumorgewebe betrugen beim Phäochromozytom 13 Stunden, beim Karzinoid 91 Stunden und beim Neuroblastom 88 Stunden.
Iobenguan wird größtenteils in unveränderter Form über die Nieren ausgeschieden, da die Guanidinseitenkette das Iobenguan vor enzymatischer Oxidation schützt. Nur nach hohen therapeutischen Dosen wurden bei Phäochromozytom-patienten Metabolite des Wirkstoffes nachgewiesen. In diesen Fällen wurden 2-5 % der eingesetzten Radioaktivität als freies Iodid wiedergefunden, ca. 2-10 % in Form der meta-Iodhippursäure (131I) und 2 % als 4-Hydroxy-3iodbenzylguanidin (131I).
Bei normaler Nierenfunktion werden innerhalb von 3 Stunden 11-26 % der injizierten Menge renal ausgeschieden. Nach 24 Stunden sind im Mittel 55 %, nach 4-6 Tagen etwa 70-90 % der verabreichten Menge renal ausgeschieden. 1-4 % der Gesamtaktivität werden mit den Faeces ausgeschieden. Spuren von Radioaktivität sind außerdem in Speichel, Schweiß und Atemluft nachgewiesen worden.
Strahlenexposition
Die nachfolgenden Daten basieren auf den biokinetischen Daten der ICRP 53 unter Verwendung des Mirdose 3 Codes und der Voraussetzung einer ausreichenden Schilddrüsenblockade.
Absorbierte Dosis pro verabreichter Aktivität (mGy/MBq)
Organ | Erwachsenen | 15 Jahre | 10 Jahre | 5 Jahre | 1 Jahr |
Nebennieren | 0,18 | 0,25 | 0,36 | 0,50 | 0,77 |
Blasenwand | 0,58 | 0,75 | 1,1 | 1,8 | 3,4 |
Knochenoberfläche | 0,10 | 0,13 | 0,20 | 0,32 | 0,62 |
Brust | 0,084 | 0,11 | 0,17 | 0,28 | 0,55 |
Gastrointestinaltrakt | | | | | |
Magenwand | 0,11 | 0,14 | 0,23 | 0,37 | 0,70 |
Dünndarm | 0,11 | 0,14 | 0,23 | 0,37 | 0,69 |
oberer Dickdarm | 0,12 | 0,14 | 0,23 | 0,39 | 0,72 |
unterer Dickdarm | 0,10 | 0,13 | 0,21 | 0,33 | 0,62 |
Herz | 0,40 | 0,52 | 0,80 | 1,3 | 2,3 |
Nieren | 0,13 | 0,16 | 0,23 | 0,34 | 0,58 |
Leber | 0,88 | 1,2 | 1,8 | 2,6 | 5,1 |
Lungen | 0,20 | 0,30 | 0,42 | 0,64 | 1,3 |
Ovarien | 0,11 | 0,14 | 0,22 | 0,35 | 0,66 |
Bauchspeicheldrüse | 0,14 | 0,18 | 0,29 | 0,45 | 0,82 |
Speicheldrüsen | 0,23 | 0,28 | 0,38 | 0,51 | 0,75 |
Rotes Knochenmark | 0,098 | 0,12 | 0,19 | 0,30 | 0,56 |
Milz | 0,49 | 0,71 | 1,1 | 1,7 | 3,2 |
Testes | 0,087 | 0,11 | 0,18 | 0,29 | 0,57 |
Schilddrüse | 0,087 | 0,11 | 0,18 | 0,30 | 0,58 |
Uterus | 0,12 | 0,15 | 0,24 | 0,38 | 0,71 |
Sonstige Gewebe | 0,12 | 0,15 | 0,24 | 0,38 | 0,74 |
| | | | | |
Effektive Dosis pro verabreichter Aktivität (mSv/MBq) | 0,19 | 0,24 | 0,37 | 0,58 | 1,1 |
Nach Verabreichung einer Aktivität von 7,4 GBq beträgt die effektive Dosis für den Erwachsenen 1,41 Sv. Bei oben angegebenen Strahlenexpositionen ist zu beachten, daß infolge der Grunderkrankung auftretende Funktionsstörungen zu signifikant erhöhten Strahlendosen für spezifische Organe führen können. Insbesondere bei eingeschränkter Nierenfunktion können die Strahlenexpositionen verschiedener Organe (insbesondere des Knochens, Knochenmarks und der Lunge) sowie die effektive Dosis beträchtlich ansteigen.