Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. darf nicht angewendet werden, wenn Sie
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bereits früher mit Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. oder mit anderen Penicillin-Präparaten behandelt wurden und dabei Über- empfindlichkeitsreaktionen (z. B. Hautausschläge, Juckreiz, Fieber, Atemnot, Blutdruckabfall) aufgetreten sind. Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. darf dann wegen der Gefahr eines lebens- bedrohlichen allergisch bedingten (anaphylaktischen) Schocks nicht angewendet werden.
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überempfindlich (allergisch) gegen Lokalanästhetika vom Ester- Typ, Sulfonamide, Benzoesäure (Parabene), Benzylpenicillin und Benzathin, Soja, Erdnuss oder einen der sonstigen Bestandteile dieses Arzneimittels sind.
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unter einem bekannten Mangel an Pseudocholinesterase mit Folge erheblicher herabgesetzter Enzymaktivität leiden.
Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. darf außerdem nicht angewendet werden bei:
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Behandlung von Neugeborenen mit konnataler Syphilis
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einer verminderten Durchblutung in Geweben
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Kindern unter 2 Jahren, da intramuskuläre Applikationen kontra- indiziert sind, sofern andere Applikationsformen möglich sind.
Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. darf nicht subkutan, intravenös, intraarteriell, peridural, spinal oder in andere Körperhöhlen injiziert oder instilliert werden.
Besondere Vorsicht bei der Anwendung von Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. ist erforderlich
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bei Patienten mit Verdacht auf Penicillin-Überempfindlichkeit oder allergischer Reaktionsbereitschaft wegen der Depot-Wirkung von Retacillin compositum 1,2 Mio I.E.
Bei jeder Anwendung sollten eine ausreichende Nachbeobachtung und Möglichkeiten zur Schockbekämpfung gewährleistet sein. Bei anamnestischen Hinweisen auf eine Penicillin-Allergie muss vor der Anwendung von Depot-Präparaten ausdrücklich gewarnt werden.
Da schwere allergische Sofortreaktionen auch bei Erstanwendung möglich sind, sollte eine ärztliche Überwachung bzw. Erreich- barkeit über mindestens 1 Stunde gewährleistet sein.
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bei Patienten mit Hautpilzinfektionen (Dermatomykosen), da parallergische Reaktionen aufgrund einer Antigengemeinschaft zwischen Penicillin und Hautpilzen (Dermatophyten) beobachtet wurden, die bereits bei erstmaliger Gabe auftreten können. Langfristige und wiederholte Anwendung kann zu Superinfektionen mit resistenten Bakterien und Sprosspilzen führen.
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bei primären Blutgerinnungsstörungen (Koagulopathien) und medikamentöser Herabsetzung der Gerinnungsfähigkeit, z. B. mit Cumarinen, ist Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. nicht zu empfehlen.
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bei Diabetikern, da mit einer verzögerten Aufnahme aus dem intramuskulären Depot zu rechnen ist.
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bei versehentlicher intravenöser Injektion, da ein Hoigné- Syndrom auftreten kann, das durch Todesangst, Halluzinationen, Sehstörungen, Ohrensausen, Schwindel, Missempfindungen (Parästhesien) oder beschleunigten Herzschlag (Tachykardien) sowie bedingt durch das im Arzneimittel enthaltene Benzylpenicillin-Procain durch Erscheinungen einer Procain- Vergiftung gekennzeichnet ist. In der Regel verschwinden diese Symptome innerhalb von 30 Minuten vollständig, über schwere Verläufe mit z. T. tödlichem Ausgang wurde auch berichtet.
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nach versehentlicher intraarterieller Applikation, da ein Nicolau-Syndrom auftreten kann. Neben den örtlichen ischämiebedingten Befunden wie Schmerzen, Blässe, Ödem- und Blasenbildung mit anschließender Zellzerstörung aufgrund von Durchblutungsstörungen (Nekrotisierung sind schwere Verlaufsformen mit Schock und Verbrauchskoagulopathie möglich.
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bei der Behandlung der Syphilis, da es zu einer Jarisch- Herxheimer-Reaktion kommen kann. 2 bis 12 Stunden nach Applika- tion von Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. kann es zu Kopf- schmerzen, Fieber, Schweißausbrüchen, Schüttelfrost, Muskel- und Gelenkschmerzen, Übelkeit, beschleunigtem Herzschlag (Tachy- kardie), Blutdruckanstieg und nachfolgendem Blutdruckabfall kommen. Nach 10 bis 12 Stunden klingen die Symptome wieder ab. Bei Auftreten solcher Reaktionen ist sofort ein Arzt zu verständigen, der die Vitalfunktionen überwacht und in Abhängigkeit vom Schweregrad entsprechende Gegenmaßnahmen einleitet.
Bei der Behandlung der Syphilis ist der Behandlungserfolg durch eine geeignete Untersuchung nachzuweisen.
Für die Syphilisbehandlung kann bei Nicht-HIV-Patienten ein Depot-Penicillin verwendet werden, außer bei Spätlatenz und Neurosyphilis. Bei HIV-Patienten ist zur Behandlung der Syphilis eine intravenöse Benzylpenicillin-Behandlung erforderlich.
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bei anhaltend schweren Durchfällen, da diese ein Zeichen für eine potenziell lebensbedrohliche Darmentzündung (pseudo- membranöse Kolitis) sein können. Retacillin compositum
1,2 Mio I.E. sollte abgesetzt und eine geeignete Behandlung eingeleitet werden (z. B. Vancomycin oral). Die Peristaltik hemmende Arzneimittel sind kontraindiziert.
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bei Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis) und septischen Verläufe bei Schweinerotlauf (hervorgerufen durch Erysipelothrix rhusiopathiae). Diese sind intravenös mit Benzylpenicillin zu behandeln.
Da Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. Benzylpenicillin-Procain enthält, darf die Anwendung nur mit besonderer Vorsicht erfolgen bei:
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Muskelschwäche (Myasthenia gravis)
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Störungen des Herz-Reizleitungssystems
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Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz).
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Überempfindlichkeit (Allergie) gegen Procain, da eine Kreuz- allergie gegenüber anderen Ester-Lokalanästhetika und chemisch verwandten Substanzen in Form einer Paragruppenallergie auf- treten kann. Chemische Basis dieser Gruppenallergie ist eine an den Benzolring gebundene Amino- bzw. Hydroxylgruppe, die sich in Parastellung zu den anderen Resten befindet. Auch bei kutaner Form der Procain-Allergie kann sich eine Gruppenallergie ent- wickeln mit entsprechenden Symptomen auf Sulfonamide, orale Antidiabetika, bestimmte Farbstoffe, Röntgenfilmentwickler usw.
Bei bekannter Allergie gegen Sulfonamide ist eine kreuz- allergische Reaktion auf Procain nicht auszuschließen.
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Patienten mit Pseudocholinesterase-Mangel und erheblich herabgesetzter Enzymaktivität, da verstärkt mit toxischen Symptomen bei Procain-Applikation gerechnet werden muss.
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Behandlung mit Blutgerinnungshemmern (Antikoagulanzien, wie z. B. Heparin), nichtsteroidalen Antirheumatika oder Plasma-
ersatzmitteln, da nicht nur eine versehentliche Gefäßverletzung im Rahmen der Schmerzbehandlung zu ernsthaften Blutungen führen kann, sondern dass allgemein mit einer erhöhten Blutungsneigung gerechnet werden muss. Gegebenenfalls sollten die Blutungszeit und die partielle Thromboplastinzeit (PTT), rsp. aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT), bestimmt, der Quick-Test durchgeführt und die Thrombozytenzahl überprüft werden. Diese Untersuchungen sollten bei Risikopatienten auch im Falle einer Low-dose-Heparinprophylaxe (vorsorgliche Behandlung mit dem Blutgerinnungshemmer Heparin in niedriger Dosis) vor der Anwen- dung von Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. durchgeführt werden.
Kinder
Bei Kindern unter 2 Jahren sind intramuskuläre Applikationen kontraindiziert, sofern andere Applikationsformen möglich sind.
Ältere Menschen
Es ist keine spezielle Dosierung für ältere Patienten erfor- derlich.
Bei Anwendung von Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. mit anderen Arzneimitteln
Bitte informieren Sie Ihren Arzt, oder Apotheker, wenn Sie andere Arzneimittel einnehmen/anwenden bzw. vor kurzem eingenommen/ange- wendet haben, auch wenn es sich um nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt.
Verstärkung der Wirkung von Retacillin compositum 1,2 Mio I.E.
Die gleichzeitige Gabe von Probenecid bewirkt eine Ausschei- dungshemmung von Benzylpenicillin und führt zu erhöhten Kon- zentrationen und einer verlängerten Verweildauer im Blut.
Gleichartig wirken Acetylsalicylsäure und andere Salicylsäure- verbindungen, Phenylbutazon, Indometacin und Sulfinpyrazon.
Abschwächung der Wirkung von Retacillin compositum 1,2 Mio I.E.
Probenecid hemmt auch den Penicillin-Transport aus der Gehirn- Rückenmark-Flüssigkeit, so dass bei gleichzeitiger Gabe von
Probenecid das ohnehin schlechte Eindringen von Benzylpenicillin in das Gehirngewebe noch verringert wird.
Sonstige mögliche Wechselwirkungen
Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. sollte aufgrund möglicher gegensätzlicher Effekte nicht mit Bakterienwachstum-hemmenden (bakteriostatischen) Arzneimitteln wie Tetracycline, Chloramphenicol, Makrolide und Sulfonamide kombiniert werden.
Die Kombinationsbehandlung mit geeigneten Antibiotika wie Amino- glykosiden kann zu einem gegenseitig fördernden Effekt führen.
Da Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. Benzylpenicillin-Procain enthält, sind folgende Wechselwirkungen von Procain mit anderen Arzneimitteln zu beachten:
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Verlängerung der Wirkung durch nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien (Arzneimittel, die die Skelettmuskulatur entspannen)
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Verstärkung der Wirkung durch Physostigmin
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Verminderung der Wirksamkeit durch Sulfonamide.
Aufgrund des Procain-Gehaltes von Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. sollte das Arzneimittel nicht gemeinsam mit
Cholinesterase-Hemmern eingesetzt werden. Durch deren Einfluss auf den Procain-Stoffwechsel kommt es zu einer Erhöhung der Procain- Toxizität. Andere pharmakologische Eigenschaften der Cholinesterase-Hemmer könnten die Procain-Toxizität ebenfalls beeinflussen.
Physostigmin kann in niedrigen Dosierungen einen schützenden Effekt gegen toxische Procain-Wirkungen haben.
Hinweise
Es ist nicht auszuschließen, dass unter der Behandlung mit Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. in seltenen Fällen die Sicherheit der empfängnisverhütenden Wirkung von hormonalen Kontrazeptiva ("Pille") in Frage gestellt sein kann. Es empfiehlt sich deshalb, zusätzlich andere Methoden der Empfängnisverhütung anzuwenden.
Das Auftreten von Durchfällen kann zur Störung der Aufnahme anderer Arzneimittel in den Körper führen und damit deren Wirkung beeinträchtigen.
Beeinflussung labordiagnostischer Untersuchungen
Die Eiweißbestimmung im Urin mittels Präzipitationsverfahren (Sulfosalicylsäure, Trichloressigsäure), der Folin-Ciocalteu-Lowry- Methode oder der Biuret-Methode kann zu falsch positiven Ergebnissen führen. Die Eiweißbestimmung im Harn sollte daher mit anderen Methoden durchgeführt werden.
Ebenfalls zu falsch positiven Ergebnissen kann die Aminosäure- bestimmung im Urin mittels der Ninhydrin-Methode führen.
Penicilline binden an Albumin. In elektrophoretischen Methoden zur Albumin-Bestimmung kann dadurch eine Pseudobisalbuminämie vorgetäuscht werden.
Unter der Behandlung mit Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. können der nichtenzymatische Harnzuckernachweis und der Urobilinogen- Nachweis falsch positiv ausfallen.
Bei der Bestimmung von 17-Ketosteroiden (mittels der Zimmermann- Reaktion) im Urin können unter der Behandlung mit Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. erhöhte Werte auftreten.
Schwangerschaft und Stillzeit
Fragen Sie vor der Einnahme/Anwendung von allen Arzneimitteln Ihren Arzt oder Apotheker um Rat.
Schwangerschaft
Bisherige Erfahrungen mit der Anwendung bei Schwangeren haben keine Anhaltspunkte für fruchtschädigende Wirkungen ergeben. Eine Anwendung von Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. ist während der gesamten Schwangerschaft bei entsprechender Indikationsstellung möglich.
In der Schwangerschaft sollte das Procain-haltige Arzneimittel dennoch nur unter sorgfältiger Indikationsstellung zur Anwendung kommen, auch wenn besondere Risiken bisher nicht bekannt geworden sind.
Stillzeit
Benzylpenicillin tritt in geringen Mengen in die Muttermilch über. Bei der Anwendung von Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. während der Stillzeit ist beim gestillten Säugling eine Sensibilisierung und Beeinträchtigung der normalen bakteriellen Darmbesiedlung nicht auszuschließen.
Auf Durchfälle und Sprosspilzbesiedlung der Schleimhäute sollte beim Säugling geachtet werden.
Verkehrstüchtigkeit und das Bedienen von Maschinen
Da das Arzneimittel Benzylpenicillin-Procain enthält, kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass nach der Injektion die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr, zum Bedienen von Maschinen oder zum Arbeiten ohne sicheren Halt beeinträchtigt wird.
Wichtige Informationen über bestimmte sonstige Bestandteile von Retacillin compositum 1,2 Mio I.E.
Bei Nierenfunktionsstörungen ist die verlangsamte Ausscheidung von Povidon zu beachten.
Auf Grund des Povidon-Gehaltes kann nicht ausgeschlossen werden, dass es nach häufiger oder längerdauernder Anwendung in sehr seltenen Fällen zu einer Speicherung von Povidon im Retikulo- endothelialen System (RES) oder zu örtlichen Ablagerungen und Fremdkörpergranulomen kommen kann, die zur Verwechslung mit Geschwülsten Anlass geben können.
Eine Durchstechflasche Retacillin compositum 1,2 Mio I.E. enthält
weniger als 1 mmol (23 mg) Natrium, d. h. es ist nahezu
„natriumfrei“.