Depression erklärt:
Während in der alltäglichen Sprachverwendung der Begriff depressiv häufig für eine normale Dysphorie (d.h. niedergeschlagene Stimmungslage meistens ohne Krankheitswert) verwendet wird, ist eine Depression im medizinischen Kontext eine weit verbreitete psychische Störung. Die Symptome dieser affektiven Erkrankung wären unter anderem Appetitlosigkeit, Schuldgefühle, geringes Selbstwertgefühl, Schlafstörungen, Müdigkeit und Konzentrationsschwächen.
Eine Depression kann über längere Zeiträume auftreten oder in wiederkehrenden Schüben erscheinen und dabei eine Person in der Arbeit, beim Lernen oder allgemein beim Leben belasten. Schlimmstenfalls kann die Erkrankung zum Suizid führen. Während mildere Ausprägungen meistens ohne Medikamente behandelt werden können, müssen mittlere bis schwere Formen jedoch mit Medikamenten bzw. mithilfe professioneller Gesprächstherapie behandelt werden. Die Erkrankung bildet sich oft schon in einem jungen Alter und betrifft Statistiken der WHO zufolge häufiger Frauen als Männer, wobei Arbeitsuchende ebenso stärker betroffen sind.
Dem internationalen Klassifikationssystem ICD-10 (d.h. International Classification of Diseases) zufolge unterteilt man drei folgende Schweregrade:
- leichte depressive Episode: wenn mindestens zwei Hauptsymptome wie depressive Stimmung und Antriebsmangel und zwei Zusatzsymptome wie Schuldgefühl und Schlafstörungen vorhanden sind.
- mittlere depressive Episode: wenn zwei Hauptsymptome und mindestens drei, höchstens vier weitere Symptome vorliegen.
- Schwere depressive Episode: wenn drei Hauptsymptome und mindestens vier weitere Symptome diagnostiziert werden. Zusätzlich dazu müssen die Merkmale mindestens zwei Wochen lang anhalten.
Weitere Subtypen depressiver Phasen können noch weiter spezifiziert werden – wie bei chronisch depressiven Störungen, psychotischer Depression, melancholischer Depression, saisonal abhängige Depression oder psychischer Störung nach der Entbindung. In der folgenden Studie sind bipolare affektive Erkrankungen nicht enthalten.
Jugendliche analysiert:
Die im Februar 2020, in der medizinischer Fachzeitschrift The Lancet publizierte Studie analysierte die Daten der ALSPAC-Studie (d.h. Avon Longitudinal Study of Parents and Children), welche seit 1991 eine Kohorte von beinahe 15.000 Kindern seit der Schwangerschaft der Mütter begleitet. Mithilfe von Beschleunigungssensoren, sogenannten Akzelerometern, wurde sitzendes Verhalten und körperliche Aktivität bei Kindern im Alter von 12, 14 und 16 Jahren gemessen. Die gesamte Aktivität wurde als Anzahl pro Minute (Englisch: Count Per Minute, kurz: CMP) bewertet und in weiterer Folge als durchschnittliche CPM pro Tag berechnet. Die Bewegungsmessung wurde dann mit den Ergebnissen des CIS-R (d.h. Clinical Interview Schedule-Revised) assoziiert, welcher bei 4.257 Teilnehmern im Alter von 18 Jahren evaluiert wurde. CIS-R ist ein strukturiertes diagnostisches Instrument, mit dem Psychiater psychische Störungen erfassen und mit einem Score (d.h. Wert) bewerten können.
Physische Bewegung genau gemessen:
Körperlichen Aktivitäten wurden mit einem MTI Actigraph 7164 oder 71256 Messgerät verzeichnet, die 7 Tage lang an der rechten Hüfte getragen wurden. Beide Modelle zählen zur gleichen Generation von einachsigen Beschleunigungsmessgeräten und es besteht laut Studie kein signifikanter Unterschied zwischen den Ergebnissen.
Außer beim Waschen oder beim Wassersport haben die Studienteilnehmer während der Wach-Stunden diese Messgeräte getragen. Dabei wurden nur Daten von Probanden aufgenommen, die mindestens 3 Tage lang mehr als 10 Stunden Tragezeit aufzeichnen konnten.
Diese Messung hat die Menge und Intensität der durchgeführten körperlichen Aktivität in drei Kategorien definiert:
- mäßige bis kräftige körperliche Aktivität: bei mindestens 3600 CPM. (z.B. zügiges Gehen oder Joggen)
- leichte Aktivität: 200–3599 CPM. (z.B. langsames Gehen)
- sitzendes Verhalten: maximal 199 CPM. (z.B. still liegen oder sitzen)
Um unterschiede in der Tragezeit zu berücksichtigen, wurde in jeder Aktivitätsintensität verbrachte Zeit prozentual zur gesamten Tragezeit berechnet. Die Nachbeobachtungszeit betrug 6 Jahre
Je älter desto mehr sitzen wir:
Analysen zeigten, dass die körperliche Aktivität zwischen 12 und 16 Jahren abnahm, was laut Studie auf die abnehmende Dauer der leichten Aktivität zurückzuführen sei – von 5 Stunden und 26 Minuten auf 4 Stunden und 5 Minuten. Zusätzlich dazu wurde eine Zunahme des sitzenden Verhaltens von durchschnittlich 7 Stunden und 10 Min. auf 8 Stunden und 43 Min. verzeichnet.
Dabei besteht ein Zusammenhang zwischen der vermehrten sitzenden Tätigkeit und einem erhöhten Depressionswert im Alter von 18 Jahren. Jede weitere Stunde in Sitzendender Position ab dem alter von 12 Jahren steigerte den Wert der Depression um 11,1%. Auf der anderen Seite konnte jede weitere Stunde leichter körperlicher Aktivität den Wert um 9,6% senken. Allgemein waren die Depressionswerte bei Probanden mit anhaltend hohem und anhaltend durchschnittlichem sitzenden Verhalten höher als bei Denjenigen, die anhaltend weniger gesessen sind. Auch Personen mit anhaltend hoher körperlicher Aktivität hatten einen geringeren Depressionswert als Personen mit anhaltend niedriger Aktivität.
Rund 15 Minuten täglicher Sport konnten schon ab dem Alter von 12 Jahren den Depressionswert um 9% senken. Diese Verknüpfung war jedoch nicht signifikant, da dieser Zusammenhang bei mäßige bis starke körperliche Aktivität im Alter von 14 oder 16 Jahren nicht festgestellt wurde.
Fazit:
Wie die Bewegung vor Depression genau schützt, ist leider noch nicht bekannt. Festzuhalten ist, dass Bewegungsmangel die leichte Aktivität während der gesamten Jugend verdrängt und mit einem höheren Risiko für depressive Symptome im Alter von 18 Jahren in Verbindung steht. Eine Steigerung der Aktivität und Verringerung des Sitzens während des Heranwachsens könnte ein bedeutendes Interesse für den Bereich der öffentlichen Gesundheit darstellen, um die steigende Anzahl der Depressionen anzufechten.