Hydroxychloroquin

Hydroxychloroquin

Grundlagen

Hydroxychloroquin ist ein Antimalariamittel, das zur Behandlung unkomplizierter Malariafälle und zur Chemoprophylaxe in bestimmten Regionen eingesetzt wird. Hydroxychloroquin gehört auch zur Gruppe der sogenannten "disease modifying anti-rheumatic drugs" (DMARD), weshalb es auch zur Behandlung von rheumatoider Arthritis und Lupus erythematosus eingesetzt wird. Es wird durch den Mund eingenommen, häufig in Form von Hydroxychloroquinsulfat. 

Hydroxychloroquin wurde auch auf seine Eignung zur Vorbeugung und Behandlung der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) untersucht. In klinischen Studien erwies es sich für diese Indikation jedoch als unwirksam.

Geschichte

Nach dem Ersten Weltkrieg suchten Regierungen weltweit nach Alternativen zu dem aus dem Chinarindenbaum gewonnenen Chinin, welches bis dahin das einzig bekannte Mittel gegen Malaria war. 1934 wurde von deutschen Forschern der Firma Bayer der Stoff Chloroquin, ein synthetisches Analogon mit demselben Wirkmechanismus, entdeckt. Auf der Suche nach weiteren strukturellen Analoga mit verbesserten Eigenschaften wurde 1947 letztendlich der Stoff Hydroxychloroquin hergestellt. Er wurde 1955 in den Vereinigten Staaten zur medizinischen Verwendung zugelassen und steht auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation.

Wirkung

Pharmakodynamik

Hydroxychloroquin wirkt grundsätzlich gegen alle 4 Stämme der malariaerregenden Plasmodien. Eine Ausnahme hierbei bilden Stämme, bei denen sich Resistenzen entiwkcelt haben. Wie bei anderen Chinolin-Malariamitteln ist auch bei Hydroxychloroquin der antimalariatische Wirkmechanismus nicht vollständig geklärt. Das gängigste Modell basiert auf der Hemmung des Abbaus eines bestimmten Stoffwechselproduktes der Erreger. Zur Energiegewinnung bauen die Plasmodien den Blutfarbstoff Hämoglobin ab was zur Bildung des toxischen Zwischenproduktes Ferriprotoporphyrin IX führt. Dieses wird normalerweise weiter zum Stoff Hämozoin verstoffwechselt. Hydroxychloroquin verhindert durch Bindung an Ferriprotoporphyrin IX jedoch diesen letzten Abbauschritt, wodurch der Stoff akkumuliert und der Erreger letztlich abgetötet wird. 

Zusätzlich hat Hydroxychloroquin durch seinen basischen Charakter Einfluss auf den pH-Wert von Lysosomen im Erreger, wodurch die Proteolyse und dadurch Wachstum und Replikation der Plasmodien gehemmt wird. 

Die antiinflammatorische Wirkung des Stoffes geht wahrscheinlich auf eine Hemmung des Immunsystems zurück.

Pharmakokinetik

Orales eingenommenes Hydroxychloroquin hat eine Absorptionshalbwertszeit von etwa 3-4 Stunden und ist zu 67-74% oral bioverfügbar.  Insgesamt liegt der Stoff im Plasma zu 50 % proteingebunden vor. Hydroxychloroquin wird durch das Enzym CYP3A4 in der Leber durch N-Dealkylierung abgebaut. Der größte Anteil von Hydroxychloroquin wird in unveränderter Form oder als Metabolit über den Urin ausgeschieden. Etwa 5% der verabreichten Dosis werden über die Haut und 24-25% über den Stuhl ausgeschieden. Die Eliminationshalbwertszeit von Hydroxychloroquin ist äußerst lang und kann mitunter über 500 Stunden betragen.

Wechselwirkungen

Folgende Arzneistoffe können in Kombination mit Hydroxychloroquin zu Wechselwirkungen führen:

  • Antazida können die Absorption von Hydroxychloroquin verringern
  • Sowohl Neostigmin als auch Pyridostigmin antagonisieren die Wirkung von Hydroxychloroquin
  • Digoxin (kann zu erhöhten Digoxin-Serumspiegeln führen)
  • Insulin oder antidiabetische Medikamente (kann das Risiko einer Hypoglykämie erhöhen)
  • Arzneimittel, die das QT-Intervall verlängern
  • Antiepileptika (die gleichzeitige Anwendung kann die antiepileptische Wirkung beeinträchtigen)

Toxizität

Nebenwirkungen 

Hydroxychloroquin hat eine enge therapeutische Breite, d. h. es besteht nur eine kleiner Differenz zwischen toxischen und therapeutischen Dosen. 

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen sind 

  • Übelkeit
  • Magenkrämpfe
  • Durchfall
  • Gewichtsabnahme
  • allgemeiner Juckreiz
  • Kopfschmerzen

Die schwerwiegendsten unerwünschten Wirkungen betreffen das Auge, wobei eine dosisabhängige Retinopathie auch nach Absetzen von Hydroxychloroquin entstehen kann.

Weiters kann es zu schwerwiegenden neuropsychiatrischen Nebenwirkungen kommen. Dazu gehören Unruhe, Manie, Schlafstörungen, Halluzinationen, Psychosen, Katatonie, Paranoia, Depression und Selbstmordgedanken.

Bei einer Überdosis kann es zu Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Sehstörungen, kardiovaskulärem Kollaps, Krämpfen, Hypokaliämie, Rhythmus- und Überleitungsstörungen einschließlich QT-Verlängerung, Torsades de pointes-Arrhythmien, ventrikulärer Tachykardie und Kammerflimmern kommen.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Anwendung während der Schwangerschaft für den sich entwickelnden Fötus schädlich ist, weshalb die Anwendung während der Schwangerschaft nicht kontraindiziert ist. 

Kontraindikationen

  • Myasthenie gravis
  • Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel
  • Makulopathie
  • Retinopathie

Chemische & physikalische Eigenschaften

ATC Code P01BA02
Summenformel C18H26ClN3O
Molare Masse (g·mol−1) 335,87
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt (°C) 89–91
PKS Wert 9.67
CAS-Nummer 118-42-3
PUB-Nummer 3652
Drugbank ID DB01611

Redaktionelle Grundsätze

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Markus Falkenstätter, BSc

Markus Falkenstätter, BSc
Autor

Markus Falkenstätter ist Autor zu pharmazeutischen Themen in der Medizin-Redaktion von Medikamio. Er befindet sich im letzten Semester seines Pharmaziestudiums an der Universität Wien und liebt das wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der Naturwissenschaften.

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer
Lektor

Stefanie Lehenauer ist seit 2020 freie Autorin bei Medikamio und studierte Pharmazie an der Universität Wien. Sie arbeitet als Apothekerin in Wien und ihre Leidenschaft sind pflanzliche Arzneimittel und deren Wirkung.

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