Benzydamin

Benzydamin

Grundlagen

Benzydamin ist eine entzündungshemmender, fiebersenkender und schmerzlindernder Wirkstoff. Benzydamin gehört zur Gruppe der Nicht steroidalen Antirheumatika. 

Indikationen und Anwendung

Benzydamin wird ausschließlich oberflächlich (topisch) verwendet. Es wird zur Schmerzlinderung und entzündungshemmenden Behandlung von Mund, Rachen und Bewegungsapparat eingesetzt. Es wird als Gurgellösung, Spray oder in Form von Lutschtabletten zur Behandlung von Halsschmerzen und sonstigen entzündlichen Erkrankungen im Mund und Rachenraum eingesetzt. Als Creme oder Gel wird es zur symptomatischen Behandlung von stumpfen Verletzungen wie Prellungen oder zur Behandlung entzündlicher Erkrankungen der Schleimbeutel oder der Gelenke eingesetzt. Zusätzlich kann es zur symptomatischen Behandlung von Entzündungen der Vaginalschleimhaut in Form einer Vaginallösung verwendet werden.

Systemisch wird Benzydamin in Europa nicht mehr eingesetzt, da Wirkstoffe mit wesentlich günstigeren Eigenschaften und einem besseren Nebenwirkungsprofil (bspw. Ibuprofen) bevorzugt werden. In anderen Ländern ist Benzydamin in Form von Tabletten und Kapsel zur oralen Einnahme erhältlich.

Geschichte

Benzydamin wurde in den 1960er Jahren von der italienischen Pharmafirma Angelini Pharma entwickelt und kam 1967 erstmals auf den Markt.

Medikamente mit Benzydamin

Medikament Wirkstoff(e) Zulassungsinhaber
Tantum verde Benzydamin Angelini Pharma Italia Aziende Chimiche Riunite Angelini Francesco
neo-angin Benzydamin gegen akute Halsschmerzen Honig-Orangengeschmack Benzydamin Cassella
Septoflam Halstabletten Benzydamin Cetylpyridinium HCS bvba
TANTUM VERDE mit Zitronengeschmack 3 mg Lutschtabletten Benzydamin Aziende Chimiche Riunite Angelini Francesco
neo- angin Benzydamin Spray gegen akute Halsschmerzen Benzydamin Cassella

Wirkung

Pharmakodynamik und Wirkmechanismus

Obwohl Benzydamin als nicht-steroidales entzündungshemmendes Medikament (NSAR) eingestuft wird, weist es Wirkmechanismen auf, die sich von den herkömmlichen Vertretern dieser Gruppe unterscheiden. Insbesondere hemmt Benzydamin in erster Linie die Synthese von entzündungsfördernden Zytokinen wie Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α) und Interleukin-1β (IL-1β), ohne andere Zytokine (z. B. IL-6, IL-8 oder IL-10) zu beeinflussen. Benzydamin ist auch ein schwacher Inhibitor der Prostaglandinsynthese. Es hemmt, wie andere Vertreter der NSARs, die Enzymaktivität der Cyclooxygenase (COX) und der Lipoxygenase. Da bei den meisten heutigen Anwendungen Benzydamin lokal aufgetragen wird,  erreicht Benzydamin jedoch häufig nicht die Blutkonzentrationen, die erforderlich sind, um diesen Effekt herbeizuführen. Darüber hinaus hat Benzydamin eine lokalanästhetische Wirkung, die möglicherweise mit seiner Fähigkeit zusammenhängt, die Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie Substanz P und "Calcitonin Gene Related Peptide" aus sensorischen Nervenenden zu hemmen. Dies erklärt die rasche schmerzlinderung nach der Anwendung von Benzydamin.

Benzydamin zeigt auch eine unspezifische antibakterielle Aktivität gegen verschiedene Bakterienstämme. Die kombinierte Verwendung von Benzydamin und anderen Antibiotika kann sich positiv bei Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien auswirken.

Pharmakokinetik

Oral eingenommenes Benzydamin wird gut resorbiert, und erreicht relativ schnell hohe Plasmakonzentrationen. Benzydamin weist nach oraler Verabreichung eine Plasmaproteinbindung von < 20% auf und wird in erster Linie durch Oxidation, Dealkylierung und Konjugation verstoffwechselt. Es wird allgemein angenommen, dass die Ausscheidung hauptsächlich über den Urin erfolgt und zu einem Großteil Metaboliten von Benzydamin eliminiert werden. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt etwa 8-10 Stunden.

Bei topischer Anwendung sind die lokalen Wirkstoffkonzentrationen zwar hoch, die systemische Absorption von Benzydamin ist jedoch äußerst gering und erreicht für gewöhnlich keine Werte die für eine systemische Wirkung erforderlich sind. Dadurch sind systemische Nebenwirkungen nach lokaler Anwendung äußerst selten.

Wechselwirkungen

Da Benzydamin nur lokal appliziert wird ist mit einem Auftreten von Arzneistoffwechselwirkungen nicht zu rechnen.

Toxizität

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen sind abhängig vom Ort der Anwendung.

Nebenwirkungen bei der Anwendung im Mund und Rachenraum:

  • Überempfindlichkeitsreaktion
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Taubheitsgefühl im Mund und Rachen
  • Mundtrockenheit
  • Brennen im Anwendungsbereich

In seltenen Fällen kann es auch zu Verkrampfung der Stimmbänder (Stimmritze) kommen oder Schwellungen kommen.

Anwendung auf der Haut als Creme/Gel:

Bei der Anwendung auf der Haut sind bis jetzt keine Nebenwirkungen gemeldet worden. 

Anwendung auf der Vaginalschleimhaut:

In seltenen Fällen kann es zu Juckreiz oder Brenne im Anwendungsbereich kommen.

Schwangerschaft und Stillzeit

Bei sachgemäßem Gebrauch ist eine lokale Anwendung während der Schwangerschaft und der Stillzeit möglich.

Missbräuchliche Anwendung

Benzydamin kann bei oraler Einnahme in besonders hohen Dosen eine rauscherzeugende Wirkung haben. In manchen Ländern wird Benzydamin daher missbräuchlich als Rauschmittel eingesetzt.

Chemische & physikalische Eigenschaften

ATC Code A01AD02, G02CC03, M01AX07, M02AA05, R02AX03
Summenformel C19H23N3O
Molare Masse (g·mol−1) 309,41
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt (°C) 160
PKS Wert 9.27
CAS-Nummer 642-72-8
PUB-Nummer 12555
Drugbank ID DB09084

Redaktionelle Grundsätze

Alle für den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprüften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter Universitäten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Markus Falkenstätter, BSc

Markus Falkenstätter, BSc
Autor

Markus Falkenstätter ist Autor zu pharmazeutischen Themen in der Medizin-Redaktion von Medikamio. Er befindet sich im letzten Semester seines Pharmaziestudiums an der Universität Wien und liebt das wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der Naturwissenschaften.

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