Wiederentdecktes Antibiotikum Fosfomycin

Arzneimittel-grüne und gelbe Tabletten oder Kapseln auf blauem Hintergrund mit Kopienraum.Verschreibung von Arzneimitteln zur Behandlung. Arzneimittel zur Heilung in Behältnissen für die Gesundheit. Antibiotika

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Je seltener ein Antibiotikum zum Einsatz kommt, desto empfindlicher kann es gegen verschiedene Erreger sein. Das bereits in den 1960er Jahren entdeckte Antibiotikum Fosfomycin ist aufgrund potenzieller Nebenwirkungen selten benutzt worden, weshalb es in den letzten Jahren als effizientes Mittel zur Behandlung schwerer Infektionen wiederentdeckt worden ist. Nun wertet die Europäische Kommission diese Substanz aus.

Arzneimittel-grüne und gelbe Tabletten oder Kapseln auf blauem Hintergrund mit Kopienraum.Verschreibung von Arzneimitteln zur Behandlung. Arzneimittel zur Heilung in Behältnissen für die Gesundheit. Antibiotika

shutterstock.com / funnyangel

Antibiotika:

Sogenannte Antibiotika zählen zu Medikamenten, die gegen durch Bakterien verursachte Infektionen wirken. Der Wirkungsmechanismus basiert auf die Wirkung der antibiotischen Substanz, welche die Zellwand oder den Stoffwechsel der Bakterien attackiert.  Dabei unterscheidet man folgende Arten:

  • Bakteriostatische Antibiotika: Diese hemmen das Wachstum der Bakterien
  • Bakterizide Antibiotika: Diese Antibiotika töten fremde Bakterien ab. 

Schon anhand klinischer Untersuchungen ist es meistens möglich, eine Infektion von einem viralen oder bakteriell bedingten Fall zu unterscheiden. In seltenen Fällen jedoch kann dies eine Schwierigkeit darstellen – eine effiziente Möglichkeit zur Fall-Untersuchung ist die Bestimmung des c-reaktiven Proteins, auch kurz CRP genannt. Dies ist ein Blutwert, der schon nach wenigen Stunden nach einem Infekt durch Bakterien ansteigt. Bei einer positiven Antibiotika-Therapie kann dieser schon innerhalb von 24 Stunden wieder absinken. 

Bei Verdacht auf bakteriellen Infekt ist es möglich, den Erreger mit einer Bakterienkultur festzustellen. Folglich werden Bakterien aus einer Blut-, Harn- oder Sekretprobe auf einem bestimmten Nährmedium gezüchtet und vervielfältigt. In weiterer Folge kann der Arzt die gezüchteten Bakterien mithilfe spezieller Untersuchungsmethoden genau bestimmen und das Antibiogramm lesen (d.h. Ergebnis des Labortests zur Bestimmung der Empfindlichkeit bzw. Resistenz von mikrobiellen Krankheitserregern gegen Antibiotika). Das Ergebnis ist meistens nach ungefähr zwei Tagen ersichtlich. 

Empfindlichkeit von Fosfomycin: 

Da die für das Antibiotika Fosfomycin gesammelten Daten oft nicht mit den zu beobachtenden Daten korrelieren, ist eine Empfindlichkeitstestung heikel. Vor allem bis in den frühen 1980er- Jahren war dies der Fall, da damals noch keine standardisierten Bestimmungen für Testungen gegen Fosfomycin existierten. In-vitro-Aktivität (d.h. außerhalb vom lebenden Organismus) ist dabei von mehreren Variablen abhängig: Art des Nährbodens, Keimeinsaat und Testtechnik.

Erst seit kurzer Zeit wird die Möglichkeit einer Anwendung eines speziellen, unlängst erhältlichen, Fosfomycin-E-Tests untersucht – womit die Bestimmung der Empfindlichkeit gegen Antibiotika bei vielen Krankheitserregern schneller und sicherer durchgeführt werden könnte.

Beschränkung beim Einsatz:

Laut Arzneimittelverordnungs-Analyse der Europäischen Arzneimittel-Agentur (Kurz: EMA) soll beim Antibiotikum Fosfomycin, welches in den letzten Jahren mehrfach parenteral (d.h. Umgehung des Darmtraktes in den Körper gelangend) verwendet wurde, die Gabe auf schwere Infektionen eingeschränkt werden. 

Die derzeitige Bescheidenheit bei Fosfomycin-Anwendung bei schweren bakteriellen Erkrankungen beruht möglicherweise auf die Annahme, dass unter einer Therapie mit dem Antibiotikum ein hohes Risiko für eine Selektion resistenter Stämme bestehen kann. Während empfindliche Bakterien abgetötet werden, können sich resistente Bakterien durch hohe Mutationsrate weiterhin vermehren.

Ob eine solche Selektion von Fosfomycin-resistenten Erregern bei Pateinten, die eine Therapie mit dem Antibiotikum erhalten, häufig auftritt, ist noch nicht bekannt.

Resistenz und klinische Anwendungen:

Wie auch bei anderen Antibiotika, zeigten sich bei Einführung von Fosfomycin schnell erworbene Resistenzen gegen die Substanz. Dabei kommt es teilweise, je nach Bakterienart, Resistenz der Erreger und Region (d.h. sowohl geographische Großräume als auch Bereiche wie Krankenhausstationen), zu großen Unterschieden in den Resistenzhäufigkeiten. Bei manchen Bakterienarten erreichen die Häufigkeiten der Resistenz einer Spezies 20% und mehr, während bei anderen Arten unabhängig von Region niedrige Resistenzraten verzeichnet wurden. 

Auch der Einsatz von Fosfomycin in einzelnen EU-Ländern zeigt große Unterschiede. Bei intravenöser Gabe unterscheiden sich die zugelassenen Indikationen innerhalb der EU. In manchen EU-Ländern ist orales Fosfomycin in der Indikation „Prophylaxe bei diagnostischen und chirurgischen transurethralen Verfahren (d.h. durch die Harnröhre)“ zugelassen, während in anderen Ländern der Europäischen Union eine solche Indikation als nicht angemessen bewertet wurde. 

Im Jahr 2018 forderte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, kurz BfArM die EMA auf, das Antibiotikum Fosfomycin bezüglich steigender Resistenzen wieder zu überprüfen, woraufhin eine Nutzen-Risiko-Bewertung gestartet wurde. Grund dafür war neben der Uneinigkeit bezüglich Indikationen innerhalb der EU, auch die Resistenz. Da wegen einem Mangel an neuer Antibiotika-Entwicklung die Antiinfektiva-Therapie von Erkrankungen durch multiresistente Bakterien erschwert wird, soll durch Neubewertung älterer Antibiotika dieses Problem gelöst werden. 

Auswertung der EMA:

Bei der Auswertung wurde bei der EMA zuständige Humanarzneimittelausschuss CHMP eingesetzt, welcher rät, das Mittel intravenös nur anzuwenden, wenn andere Behandlungen mit Antibiotika als nicht geeignet angesehen werden. Zu solchen Indikationen zählen unter anderem: komplizierte Harnwegsinfektionen, Pneumonie (d.h. Lungenentzündung) oder eine bakterielle Meningitis. Orale Granulate von Fosfomycin, welche zur Behandlung unkomplizierter Blasenentzündungen bei Frauen oder zur Prophylaxe von Infektionen nach einer Prostata-Biopsie zum Einsatz kommen, verzeichnen keine Anwendungseinschränkungen. Bei Kindern eingesetzte intramuskuläre Präparate sollten aufgrund nicht ausreichender Evidenz für Wirksamkeit vom Markt genommen werden.

Klinische Erfahrung mit Fosfomycin besteht vor Allem bei der Therapie unkomplizierten Erkrankungen der Harnwege – dabei zeigte das Antibiotikum eine positive Wirksamkeit. Zur oralen Gabe verwendetes Fosfomycin wird in einigen Ländern, einschließlich Deutschland und Österreich, für die spezifische Behandlung von unkomplizierten Harnwegserkrankungen verwendet. In Deutschland zum Beispiel ist nur orales Granulat mit 3 g und zur intravenösen Infusion Infectofos mit 2g bei schweren Infektionen verfügbar. Manche europäische Länder stellen orales Granulat mit 2 g auch für Kinder auf den Markt zur Verfügung. 

Fazit:

Fosfomycin ist seit längerer Zeit bei der Behandlung von unkomplizierter Harnwegserkrankungen ein erfolgreich eingesetztes Antiinfektivum. Allerdings sind größere kontrollierte und vergleichende Untersuchungen notwendig, um die Signifikanz dieser Substanz für die Behandlung von Infektionen durch multiresistente Bakterien zu untersuchen. Folglich will die BfArm bei Indikation und Dosierung eine neue, aktuelle wissenschaftliche Bewertung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur.

Die Auswertung des CHMP wurde an die Europäische Kommission weitergereicht, die eine endgültige, in allen EU-Ländern rechtsverbindliche Entscheidung treffen wird. 


Wirkstoffe:

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    Danilo Glisic

    Danilo Glisic
    Autor

    Als Biologie- und Mathematikstudent verfasst er leidenschaftlich Magazinartikel zu aktuellen medizinischen Themen. Aufgrund seiner Affinität zu Zahlen, Daten und Fakten, liegt sein Fokus dabei auf der Beschreibung von relevanten klinischen Studienergebnissen.

    Letztes Update

    24.05.2021

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