Wie beeinflusst die Schilddrüse die Fruchtbarkeit?
Neben dem Herz-Kreislauf-, Nerven- und Verdauungssystem üben die Schilddrüsenhormone auch Einfluss auf die Fortpflanzungsfunktionen des Körpers aus. Die Hormone T3 und T4 beeinflussen die Sexualhormone und dadurch auch die Reifung der Eizelle und die Ovulation. Aufgrund dessen kann eine Schilddrüsenunter- oder überfunktion Zyklusstörungen verursachen, die sich beispielsweise durch eine unregelmäßige oder ausbleibende Menstruation äußert und die Wahrscheinlichkeit einer Empfängnis verringert.
Bei einem unerfüllten Kinderwunsch ist somit eine Untersuchung der Schilddrüse sowie eine Abklärung der Schilddrüsenfunktion erforderlich.
Bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) werden zu viele Schilddrüsenhormone produziert. Die Funktionsstörung lässt sich durch einen zu niedrigen TSH-Wert im Blut erkennen. Liegt die Ursache einer Überfunktion an einer Vergrößerung der Schilddrüse bzw. an einem sogenannten heißen Knoten, muss dieser vor der Schwangerschaft behandelt werden. Ein heißer Knoten in der Schilddrüse besteht aus autonomen Schilddrüsenzellen und gibt unkontrolliert Schilddrüsenhormone ab. Im Regelfall wird dieser mittels Operation entfernt oder mit einer Radioiodtherapie behandelt.
Bei Morbus Basedow als Ursache für die Überfunktion der Schilddrüse bildet das Immunsystem Antikörper gegen die TSH-Rezeptoren auf den Schilddrüsenzellen. Diese imitieren den Effekt von TSH und bewirken eine erhöhte Stimulation der Schilddrüse, wodurch vermehrt Schilddrüsenhormone produziert werden. Die Autoimmunerkrankung wird in der Regel mit Thyreostatika behandelt. Diese Therapie erschwert den Kinderwunsch, da von einer Schwangerschaft während der Thyreostatika-Einnahme unter anderem aufgrund der erhöhten Abortrate abgeraten wird. In diesem Fall sollte ein Kinderwunsch explizit mit einem Schilddrüsenspezialisten besprochen werden.
Bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), die mit einer unzureichenden Bildung an Schilddrüsenhormonen assoziiert ist und anhand eines erhöhten TSH-Spiegels diagnostiziert wird, ist die Erfüllung des Kinderwunsches weniger kompliziert. Die Ursache einer Unterfunktion kann eine chronische Immunthyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis) sein, bei der das Immunsystem Antikörper gegen die Schilddrüse bildet, wodurch diese sich entzündet und trotz erhöhter Stimulation durch das TSH zu wenig Schilddrüsenhormone produziert. Die Behandlung erfolgt über die Gabe von Schilddrüsenhormontabletten, welche die geringe Hormonproduktion der Schilddrüse ausgleichen oder ersetzen.
Bei unerfülltem Kinderwunsch wird zumeist ab einem TSH-Wert von 2,5 mU/l zu einer Einnahme von Schilddrüsenhormonen geraten. Hierbei ist es wichtig, dass vor der Empfängnis die Unterfunktion der Schilddrüse ausreichend ausgeglichen wird und in der Frühschwangerschaft die Hormondosis erhöht wird. Das geschieht da im Normalfall das Schwangerschaftshormon Beta-HCG die Schilddrüse stimuliert, wodurch in der Frühschwangerschaft (ca. 10.-12. Schwangerschaftswoche) mehr Hormone produziert werden und es zu einer leichten Überfunktion kommt. Der erhöhte Energiebedarf wird benötigt, damit sich das ungeborene Kind ausreichend entwickeln und wachsen kann. Wenn die Schilddrüse entfernt wurde oder nicht ausreichend Hormone produziert, funktioniert dieser Regelkreis nicht ausreichend, was zu einer erhöhten Abortrate führt. Somit muss die Dosierung der Hormonepräparate in der Frühschwangerschaft bei einer Schilddrüsenunterfunktion zumeist angepasst werden.
Bedeutung der Schilddrüsenhormone für das ungeborene Kind
Schilddrüsenhormone spielen eine entscheidende Rolle bei der körperlichen und geistigen Entwicklung des ungeborenen Kindes. Zu Beginn der Schwangerschaft kann der Organismus des Kindes noch nicht selbst Schilddrüsenhormone produzieren, weshalb es auf die ausreichende Versorgung über die Mutter angewiesen ist. Besonders für die Entwicklung des Gehirns sind die Schilddrüsenhormone essentiell, weshalb es bei einer manifesten Schilddrüsenunterfunktion zu Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Wachstums kommen kann. Um etwaige Entwicklungsschäden zu vermeiden, muss die Mutter ausreichend mit Schilddrüsenhormonen versorgt sein.
Schwerwiegende Folgen treten zumeist nur bei einer manifesten Unterfunktion auf. Leichte Erhöhungen des TSH-Wertes sind in der Regel einfach zu behandeln und somit weniger gefährlich für das ungeborene Kind.
Schilddrüsenfunktionsstörung und Schwangerschaft
Vor der Schwangerschaft:
Idealerweise sollte die Schilddrüsenfunktion im Zeitraum des Kinderwunsches regelmäßig, zum Beispiel in halbjährigen Abständen, kontrolliert werden. Bei Bedarf kann eine Therapie begonnen und einer bestehende Therapie entsprechend angepasst werden um eine normale Schilddrüsenfunktion sicherzustellen.
Zu Beginn der Schwangerschaft:
In der Frühschwangerschaft sollte zeitnah (ca. um die 8. Schwangerschaftwoche) die Funktion der Schilddrüse kontrolliert werden, um die Hormondosis anzupassen.
Während der Schwangerschaft:
In den folgenden Schwangerschaftsmonaten sollten regelmäßige Kontrollen der Schilddrüse stattfinden, um eine ausreichende Versorgung an Schilddrüsenhormonen von Mutter und Kind sicherzustellen.