Naltrexon

Naltrexon

Grundlagen

Naltrexon ist ein Arzneistoff, der zur Behandlung von Überdosierungen mit Opioiden und von Alkohol- und OpioidabhĂ€ngigkeit eingesetzt wird.

Anwendung und Indikationen

Naltrexon ist ein Opioidantagonist, welcher die Wirkung von Opioiden (Morphin-Ă€hnliche Arzneistoffe) aufheben kann und so genutzt werden kann, um Überdosierungen entgegenzuwirken. Weitere Indikationen sind die Behandlung der Alkohol- und OpioidabhĂ€ngigkeit sowie "Off-Label"-Anwendungen zur Behandlung bei verschiedenen Verhaltensstörungen, die mit zwanghaftem Verhalten einhergehen.

Naltrexon wird in Form von Filmtabletten oder als intramuskulÀre Injektion verabreicht. Die Standarddosierung bei Tabletten betrÀgt 50 mg. Es ist nur gegen Àrztliche Verschreibung erhÀltlich.

Geschichte

Naltrexon wurde erstmals 1963 synthetisiert und 1965 als oral wirksamer, lang wirkender und hochpotenter Opioid-Antagonist beschrieben. Es wurde 1967 von Endo Laboratories patentiert. In den USA wurde Naltrexon erstmals 1984 zugelassen. Eine Retardformulierung zur intramuskulÀren Injektion wurde 2006 von der FDA zur Behandlung der AlkoholabhÀngigkeit und 2010 zur Behandlung der OpioidabhÀngigkeit zugelassen.

Medikamente mit Naltrexon

Medikament Wirkstoff(e) Zulassungsinhaber
Naltrexonhydrochlorid Accord 50 mg Filmtabletten Naltrexon Accord Healthcare B.V.
Naltrexon HCl aop 50 mg Filmtabletten Naltrexon AOP Orphan Pharmaceuticals Aktiengesellschaft
Adepend 50 mg Filmtabletten Naltrexon Orpha-Devel Handels und Vertriebs GmbH
Naltrexon-HCl neuraxpharm 50 mg Filmtabletten Naltrexon neuraxpharm Arzneimittel GmbH
Nemexin Filmtabletten Naltrexon Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA

Wirkung

Anwendung und Indikationen

Naltrexon, ein reiner Opioid-Antagonist an allen 4 Opioid-Rezeptortypen. Naltrexon ist indiziert zur Behandlung der AlkoholabhĂ€ngigkeit und zur Blockierung der Wirkung exogen verabreichter Opioide. Es schwĂ€cht die subjektiv empfundene Wirkung von intravenös verabreichten Opioiden deutlich ab oder blockiert sie vollstĂ€ndig und reversibel. Bei gleichzeitiger Gabe mit Morphin blockiert Naltrexon die physische AbhĂ€ngigkeit von Morphin, Heroin und anderen Opioiden. 

Der Wirkmechanismus von Naltrexon bei Alkoholismus ist nicht geklĂ€rt, prĂ€klinische Daten deuten jedoch auf eine Beteiligung des endogenen Opioidsystems hin. Es wird angenommen, dass Naltrexon als kompetitiver Antagonist an mc-, Îș- und ÎŽ-Rezeptoren im ZNS wirkt, wobei die höchste AffinitĂ€t zum ÎŒ-Rezeptor besteht. Naltrexon bindet kompetitiv an diese Rezeptoren und kann die Wirkung endogener Opioide (Endorphine) blockieren. Durch die Blockade dieser Endorphine wird das Verlangen nach Substanzen wie Alkohol oder Opioiden unterdrĂŒckt. 

Die Wirkung von Naltrexon bei der Behandlung der Alkoholsucht wird als moderat beschrieben und verringert die Menge und Frequenz des Alkoholkonsums. Bei der Behandlung der Opioidsucht ist Naltrexon sehr effektiv und weist eine hohe Compliance bei Patienten auf, dass es lediglich 1 Mal monatlich subkutan verabreicht werden muss. Ein Nachteil ist jedoch, dass eine Anwendung zuvor einen vollstÀndigen Entzug erfordert, wÀhrend bei den gÀngigen Alternativen bereits nach kurzer Zeit eine Anwendung möglich ist.

Es gibt Studien, die darauf hinweisen, dass Naltrexon zur Verringerung von VerhaltenssĂŒchten wie GlĂŒcksspiel oder Kleptomanie sowie von zwanghaftem Sexualverhalten geeignet ist. In einer Studie berichtete die Mehrheit einer Gruppe untersuchter SexualstraftĂ€ter ĂŒber einen starken RĂŒckgang der sexuellen Triebe und Fantasien, die nach Absetzen des Medikaments wieder auf den Ausgangswert zurĂŒckkehrten. 

Pharmakokinetik

Naltrexon wird oral gut absorbiert, aber hat eine niedrige BioverfĂŒgbarkeit aufgrund eines erheblichen First-Pass-Metabolismus. Diese liegt etwa zwischen 5 und 40 %. Die Plasmaproteinbindung liegt bei etwa 40 %. Naltrexon wird in der Leber metabolisiert und ĂŒber die Nieren ausgeschieden. Der unverĂ€ndert ausgeschiedene Anteil liegt lediglich bei 2 %.  Naltrexon und seine Metaboliten werden hauptsĂ€chlich ĂŒber den Urin ausgeschieden. Die Eliminationshalbwertszeit liegt bei rund 4 Stunden.

Wechselwirkungen

Naltrexon wird nicht durch das P450-Enzymsystem verstoffwechselt und birgt daher ein niedriges Risiko fĂŒr Wechselwirkungen. Opioid-Analgetika, die als Notfallmedikament eingesetzt werden, mĂŒssen wĂ€hrend der Einnahme von Naltrexon höher dosiert werden. Die Einnahme von Opioid-Analgetika gleichzeitig mit Naltrexon erhöht das Risiko einer Atemdepression und sollte daher nur im Notfall erfolgen.

ToxizitÀt

Kontraindikationen

Bei den folgenden ZustÀnden oder Beschwerden sollte Naltrexon nicht eingenommen werden:

  • Allergie gegen Naltrexon
  • akute Hepatitis (LeberentzĂŒndung) oder eine andere schwere Lebererkrankung
  • schwere Erkrankungen der Nieren
  • gleichzeitige Einnahme mit anderen Opioiden
  • OpioidabhĂ€ngigkeit ohne begonnenen Entzug

Nebenwirkungen

Zu den hÀufigen Nebenwirkungen von Naltrexon gehören:

  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • SchlĂ€frigkeit
  • AngstzustĂ€nde
  • Kopfschmerzen
  • Unruhe
  • NervositĂ€t
  • Unterleibsschmerzen
  • Gelenkschmerzen
  • Muskelschmerzen und MuskelkrĂ€mpfe
  • SchwĂ€che
  • verminderter Appetit
  • Herzklopfen
  • erhöhte Herzfrequenz
  • EKG-VerĂ€nderungen
  • Libidostörungen
  • Durst
  • SchwindelgefĂŒhl
  • erhöhter TrĂ€nenfluss
  • Schmerzen in der Brust
  • Durchfall
  • Verstopfung
  • Ausschlag
  • verzögerte Ejakulation und erektile Dysfunktion
  • erhöhte Energie
  • Reizbarkeit
  • vermehrtes Schwitzen
  • affektive Störungen
  • ErkĂ€ltungssymptome
  • Schlafprobleme
  • Zahnschmerzen

Schwangerschaft und Stillzeit

Es ist nicht bekannt, ob Naltrexon dem ungeborenen Kind schaden kann. Dieses Medikament sollte wÀhrend der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn der mögliche Nutzen das mögliche Risiko rechtfertigt.

Es ist nicht bekannt, ob Naltrexon in die Muttermilch ĂŒbergeht, wenn es als intravenöse Injektion verabreicht wird. Naltrexon aus Tabletten geht in die Muttermilch ĂŒber. Eine Einnahme wĂ€hrend der Stillzeit ist daher nicht empfohlen.

Chemische & physikalische Eigenschaften

ATC Code N07BB04
Summenformel C20H23NO4
Molare Masse (g·mol−1) 341,40
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt (°C) 168–170
PKS Wert 8.38
CAS-Nummer 16590-41-3
PUB-Nummer 5360515
Drugbank ID DB00704

Quellenangaben

Redaktionelle GrundsÀtze

Alle fĂŒr den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprĂŒften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter UniversitĂ€ten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Markus FalkenstÀtter, BSc

Markus FalkenstÀtter, BSc
Autor

Markus FalkenstÀtter ist Autor zu pharmazeutischen Themen in der Medizin-Redaktion von Medikamio. Er befindet sich im letzten Semester seines Pharmaziestudiums an der UniversitÀt Wien und liebt das wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der Naturwissenschaften.

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