Tolperison

Tolperison

Grundlagen

Tolperison ist ein orales Muskelrelaxans und wird zur Behandlung von schmerzhaften Verspannungen und MuskelkrĂ€mpfen nach SchlaganfĂ€llen angewendet. Der exakte Wirkmechanismus ist noch nicht vollstĂ€ndig geklĂ€rt, es blockiert jedoch NatriumkanĂ€le und KalziumkanĂ€le in den Muskelzellen. Dadurch wird die Reizweiterleitung in den Nervenzellen gestört und in weiterer Folge wird eine Anspannung der Muskel verhindert. Seit den 1960er Jahren war Tolperison im europĂ€ischen Raum fĂŒr Muskelverspannungen von Schulter, RĂŒcken und HĂŒfte zugelassen. Diese Zulassung wurde im Jahr 2012 von der EMA (d.h. EuropĂ€ische Arzneimittelbehörde) widerrufen, sodass die Anwendungsgebiete auf ein einziges reduziert wurden. Grund dafĂŒr waren trotz geringer Nebenwirkungsrate selten schwere Überempfindlichkeitsreaktionen. Seit dem Auslaufen der Patente sind mehrere Generika mit dem Wirkstoff auf den europĂ€ischen Markt gekommen. 

Tolperison erreicht die höchste Konzentration im Hirnstamm, RĂŒckenmarl und peripheren Nerven. Der Wirkstoff besitzt laut klinischen Analysen keine sedierende Wirkung und keine Wechselwirkung mit Alkohol.

Wirkung

Pharmakokinetik

Nach 30 min bis 1 Std. nach oraler Einnahme von Tolperison erreicht der Wirkstoff die höchste Plasmakonzentration. Aufgrund eines starken First-Pass-Effekts (d.h. Biochemische Umwandlung eines Arzneistoffes, wĂ€hrend dem ersten Durchgang durch die Leber) betrĂ€gt die orale BioverfĂŒgbarkeit ungefĂ€hr 17 %, wobei die Elimination zu 85 % renal mit einer Eliminationshalbwertzeit von ungefĂ€hr 2 Std. stattfindet.

Pharmakodynamik/Wirkmechanismus

Tolperison wirkt auf die Reizweiterleitung im Nervensystem als zentrales Muskelrelaxans. Der Wirkstoff lagert sich in den Neuronen des Gehirns und RĂŒckenmarks an, blockiert dort NatriumkanĂ€le und KalziumkanĂ€le in den Muskelzellen. Tolperison wirkt, indem es den Natriumstrom auf RĂŒckenmarksebene unterdrĂŒckt und die Neurotransmitterfreisetzung an den Nervenbahnen (aufsteigend) hemmt. Dadurch wird die Reizweiterleitung in den Nervenzellen gestört und in weiterer Folge wird eine Anspannung der Muskel verhindert. Da diese Wirkung dem LokalanĂ€sthetikum Lidocain sehr Ă€hnelt, wird die chemische Wirkung von Tolperison auch „lidocain like activity“ genannt. 

Tolperison kann in Medikamenten auch als Tolperisonhydrochlorid enthalten sein.

ToxizitÀt

Nebenwirkungen

HĂ€ufige Nebenwirkungen sind:

  • Magen-Darm-Beschwerden
  • allergieĂ€hnliche Hautreaktionen 
  • Schwindel 
  • abnehmender Blutdruck 
  • Mundtrockenheit

Weitere unerwĂŒnschte Wirkungen:

  • MĂŒdigkeit
  • Erbrechen
  • Obstipation (Verstopfung)
  • Diarrhoe
  • Tachykardie (Herzrasen)

In seltenen EinzelfÀllen ist es auch zu stark ausgeprÀgten allergischen Reaktionen (generalisierter Gelenkschwellung, heftiges Fieber, Schulter- und Kiefergelenkschmerzen) gekommen.

Wechselwirkungen

Bei Medikamenten, welche ĂŒber Cytochrome P450 (HĂ€mproteine), besonders CYP2D6 metabolisiert werden, kann es zu Wechselwirkungen kommen. Vorsicht bei gleichzeitiger Einnahme von: Antihypertensiva und NSAR.

Mögliche Kontraindikation

  • Schwangerschaft
  • Stillzeit
  • Allergische Reaktion gegen Tolperison
  • Autoimmunerkrankung Myasthenia gravis
  • Schwere Leberinsuffizienz, Niereninsuffizienz
  • Arterielle Hypotonie

Chemische & physikalische Eigenschaften

ATC Code M02AX06, M03BX04
Summenformel C16H23NO
Molare Masse (g·mol−1) 245.36
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt (°C) 176.5
CAS-Nummer 728-88-1
PUB-Nummer 5511
Drugbank ID DB06264

Redaktionelle GrundsÀtze

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Markus FalkenstÀtter, BSc

Markus FalkenstÀtter, BSc
Autor

Markus FalkenstÀtter ist Autor zu pharmazeutischen Themen in der Medizin-Redaktion von Medikamio. Er befindet sich im letzten Semester seines Pharmaziestudiums an der UniversitÀt Wien und liebt das wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der Naturwissenschaften.

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer
Lektor

Stefanie Lehenauer ist seit 2020 freie Autorin bei Medikamio und studierte Pharmazie an der UniversitÀt Wien. Sie arbeitet als Apothekerin in Wien und ihre Leidenschaft sind pflanzliche Arzneimittel und deren Wirkung.

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