Adenokarzinom
Etwa 50 bis 60 % der Fälle von Speiseröhrenkrebs entfallen auf Adenokarzinome. Sie entstehen aus den drüsigen Schleimhautzellen im unteren Abschnitt der Speiseröhre und treten dabei auch zunehmend häufiger in Westeuropa auf. In über 90 % der Fälle entstehen sie auf Basis einer Präkanzerose (sogenannter Barrett-Ösophagus). Der Barrett-Ösophagus als Zylinderzellmetaplasie ist die Folge eines länger bestehenden gastroösophagealen Rückflusses (Reflux).
Risikofaktoren für ein Adenokarzinom der Speiseröhre sind:
Adenokarzinome in der unteren Speiseröhre und im Bereich des Mageneingangs werden heutzutage als AEG (Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs) bezeichnet. Ihre Einteilung erfolgt nach Siewert (Typ I bis III).
Plattenepithelkarzinom
Plattenepithelkarzinome sind für etwa 40 bis 60 % der Fälle von Speiseröhrenkrebs verantwortlich. Die Tumore treten dabei meist im mittleren Speiseröhrendrittel auf. Sie entstehen aus den flachen Epithelzellen der Schleimhaut. Seltener entwickeln sich Plattenepithelkarzinome im unteren oder im oberen Ösophagusdrittel. Auch physiologische Engstellen wie beispielsweise die Aortenenge sind häufige Prädilektionsstellen von Plattenepithelkarzinomen.
Risikofaktoren für Plattenepithelkarzinome der Speiseröhre umfassen:
Alkoholabusus (insbesondere hochprozentiger Alkohol)
Rauchen
Nitrosamine
Achalasie
Zustand nach Strahlentherapie im Bereich der Speiseröhre
Heiße Getränke
Plattenepithelkarzinome im Kopf- und Halsbereich
Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV)
Stenosen nach Verätzungen
Etwa 75 % der Plattenepithelkarzinome der Speiseröhre entstehen durch die Einwirkung von Nikotin und Alkohol. Die Kombination von Alkohol und Tabak führt dabei zu einer synergistischen Steigerung des Erkrankungsrisikos. Wer beispielsweise 80 Gramm Alkohol am Tag zu sich nimmt (etwa 2 Liter Bier oder 4 Gläser Wein) und zusätzlich 20 Zigaretten raucht, hat ein stark erhöhtes Risiko, ein Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre zu entwickeln.
Anatomie
Die Speiseröhre (Ösophagus) gehört zum oberen Verdauungstrakt. Sie ist ein etwa 25 Zentimeter langer elastischer, muskulärer Schlauch und befördert aufgenommene Nahrung vom Mund zum Magen. Der obere Teil der Speiseröhre liegt hinter der Luftröhre. Im unteren Teil tritt sie durch das Zwerchfell und mündet daraufhin in den Magen. Insgesamt besteht die Speiseröhre aus vier verschiedenen Gewebeschichten. Im Inneren befindet sich eine Schleimhaut, danach eine Bindegewebsschicht, eine Muskelschicht und außen wird die Speiseröhre wieder von einer Bindegewebsschicht umhüllt.
Wellenartige Kontraktionen der Speiseröhrenmuskulatur befördern den Speisebrei in Richtung des Magens. Am Ende der Speiseröhre gibt es eine muskuläre Verschlussvorrichtung, die einen Rückfluss (Reflux) von Magensäure und Speiseresten in die Speiseröhre verhindern soll. Funktioniert diese Verschlussvorrichtung nicht ausreichend, kann es zu einem Rückfluss von aggressiver Magensäure und Gallensäuren und somit zu einer Schädigung der Speiseröhre kommen. So entsteht auch das Symptom Sodbrennen.
Kommt es zu einem verstärkten Rückfluss aus dem Magen in die Speiseröhre, kann dies zu einer Entzündung der Speiseröhrenschleimhaut führen. Hier erfolgt dann auch ein Umbau der Schleimhaut von einem Plattenepithel zu einem Drüsenepithel. Tritt das Sodbrennen chronisch auf, können sich aufgrund der lang anhaltenden Entzündung Tumore in der Schleimhaut bilden.
Tumorklassifikation
Zu Beginn ist jeder Tumor, unabhängig von welchem Gewebe er abstammt, auf die oberste Schicht der Speiseröhre begrenzt. Wird der Tumor größer, dringt er im Normalfall zunehmend in tiefere Schichten der Speiseröhre, in Lymphknoten und danach auch in benachbarte Organe ein. Tochtergeschwülste (Metastasen) treten beim Speiseröhrenkrebs vor allem in den Lymphknoten, der Leber und in der Lunge auf. Es können aber auch andere Organe betroffen sein.
Der Ausbreitungsgrad des Tumors ist wichtig für die Therapieplanung und wird beim Speiseröhrenkrebs nach dem TNM-Schema in bestimmte Kategorien eingeteilt.
Folgende Faktoren sind dafür wichtig:
Tiefeninfiltration des Tumors (T)
Beteiligung der Lymphknoten (N)
Vorhandensein von Metastasen (M)
Die Größe und Ausdehnung des Tumors wird mit den Ziffern T1 bis T4 eingeteilt. Die Zahl und Lage der befallenen Lymphknoten werden mit den Nummern N0 bis N3 beschrieben. Das Vorhandensein beziehungsweise die Abwesenheit von Metastasen wird mit M0 oder M1 bezeichnet. Eine exakte Beschreibung der TNM-Klassifikation ist oft erst nach einer operativen Entfernung des Tumors möglich.
Wie bei jedem Tumor kann es auch beim Speiseröhrenkrebs zu einem Rückfall (Rezidiv) kommen. Dies bedeutet, dass der Krebs entweder am ursprünglichen Ort nochmals auftritt oder auch eine andere Körperregion befällt.