Gallensteine (Cholelithiasis)

Gallensteine (Cholelithiasis)
Internationale Klassifikation (ICD) K80.-
Symptome Gelbfärbung der Haut, Schmerzen im Oberbauch, Gallenkolik, Schmerzen bei der Nahrungsaufnahme, Völlegefühl, Übelkeit, Erbrechen, dunkler Urin, Schüttelfrost, Fieber
Mögliche Ursachen Ablagerung der Gallenflüssgkeit, Übersättigung der Galle mit Cholesterin
Mögliche Risikofaktoren weiblich, übergewichtig, mehrere Kinder, vierzig, hellhäutig/helle Haare, Hohes Alter, Schwangerschaft, Übergewicht, positive Familienanamnese, Diabetes mellitus, schnelle Gewichtsreduktion, gestörter enterohepatischer Kreislauf
Mögliche Therapien Medikamente, Antibiotika, operativer Eingriff
Wirkstoffe Ursodeoxycholsäure

Grundlagen

Unter dem Begriff Cholelithiasis versteht man das Vorhandensein von Gallensteinen. Diese können entweder in der Gallenblase (Cholezystolithiasis), den Gallengängen (Choledocholithiasis) oder in den kleinen Gallenwegen der Leber (Cholangiolithiasis) auftreten. Etwa 10 bis 15 % der Bevölkerung haben Gallensteine, wobei die meisten Betroffenen symptomfrei bleiben. Kleine Gallensteine werden auch oft als Gallensand, Sludge oder Gallengries bezeichnet.

Pro Tag produziert der menschliche Körper etwa 700 ml gelb-braune bis olivgrüne Gallenflüssigkeit, die die (Fett-) Verdauung im Dünndarm ermöglicht. Diese besteht aus:

  • Wasser (82 %)

  • Elektrolyte

  • Gallensäuren (unterliegen dem enterohepatischen Kreislauf)

  • Phospholipide (vor allem Lecithin)

  • Cholesterin

  • Bilirubin

  • Proteine

Die häufigsten Formen von Gallensteinen sind Cholesterin-, Pigment- und gemischte Gallensteine. Cholesterinsteine und gemischte Gallensteine machen zusammen etwa 80 % der Gallensteine in den Industriestaaten aus. Etwa 20 % der Gallensteine entfallen auf Pigmentsteine. 

Gallensteine (iStock / Rasi Bhadramani)

Cholesterinsteine, Pigmentsteine und gemischte Gallensteine

Cholesterinsteine bilden sich häufig, wenn das Verhältnis von Lecithin, Cholesterin und Gallensäuren innerhalb der Galle aus dem Gleichgewicht gerät. Dabei kommt es oftmals zu einer Übersättigung der Galle mit Cholesterin und daraufhin zur Steinbildung (Lithogenese). Ein zusätzlicher Faktor für die Entstehung von Cholesterinsteinen ist eine verminderte Gallenblasenbewegung (Gallenblasenmotilität). Gemischte Gallensteine bestehen häufig aus Cholesterin und Pigment beziehungsweise Kalziumsalzen. Ihr Cholesteringehalt liegt meist bei über 70 %. Pigmentgallensteine bestehen hauptsächlich aus Bilirubin und Bilrubinabbauprodukten. Ihr Cholesteringehalt beträgt oftmals weniger als 20 %. 

Häufigkeit

Die Häufigkeit von Gallensteinleiden in Europa beträgt 9 % bei Frauen und 5 % bei Männern. Das Risiko, Gallensteine zu entwickeln, steigt mit zunehmendem Alter stetig an. Erstgradige Verwandte von Personen mit Gallensteinleiden haben ein 4,5-fach erhöhtes Risiko, ebenfalls Gallensteine zu entwickeln.

Ursachen

Gallensteine haben ihre Ursache in einer fehlerhaften Zusammensetzung der Gallenflüssigkeit. Kommt es dabei zu einem Ungleichgewicht der löslichen Stoffe, können sich Gallensteine bilden.

Risikofaktoren für das Entstehen von Gallensteinen:

  • höheres Alter

  • weibliches Geschlecht

  • Schwangerschaft

  • Übergewicht (Adipositas)

  • positive Familienanamnese

  • bestimmter ethnischer Hintergrund

  • Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ 2)

  • schnelle Gewichtsreduktion (z. B. Diäten)

Die wichtigsten Risikofaktoren für Gallensteine kann man sich einfach mit der 6F-Regel merken. Diese lautet: female (weiblich), fat (übergewichtig), fertile (fruchtbar), forty (vierzig), familiy (familiäre Belastung) und fair (hellhäutig).

Grunderkrankungen, die das Auftreten eines Gallensteinleidens begünstigen können, sind:

  • ein gestörter enterohepatischer Kreislauf (z. B. bei Morbus Crohn)

  • Hämolytische Anämien

  • Hyperparathyreoidismus

  • LPAC-Syndrom („Low phospholipid associated cholelithiasis“)

  • Zystische Fibrose

  • Morbus Meulengracht

  • Myotone Dystrophie

Oberbauchschmerzen (iStock / Vachiravit Vasuponsritara)

Cholezystitis

Die Cholezystitis beschreibt eine bakterielle Entzündung der Gallenblase, welche meist durch die Erreger Escherichia coli, Klebsiella, Enterobacter oder durch anaerobe Bakterien ausgelöst wird. Die akute kalkulöse Cholezystitis entsteht in 90 % der Fälle durch eine Steinbildung mit Stase, Obstruktion und Mikrotraumen der Gallenblasenwand. Schwere Krankheiten, Operationen oder Traumata sind oftmals die Auslöser der akalkulöse Cholezystits (sogenannte Stressgalenblase). Die chronische Cholezystitis stellt einen Folgezustand der wiederholten, akuten Gallenblasenentzündung dar. Extremformen sind hier die Schrumpfgallenblase (narbig atrophiert) und die Porzellangallenblase (narbig verkalkt).

Cholangitis

Steine oder Vernarbungen begünstigen eine Entzündung der Gallenwege (Cholangitis). Die verursachenden, aszendierenden Bakterien stammen dabei meist aus dem Dünndarm. Einen Risikofaktor für die Cholangitis stellt auch die Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) dar.

Symptome

Gallensteine verursachen häufig keine Symptome, sodass etwa 75 % der Betroffenen asymptomatisch bleiben. Das typische Symptom von Gallensteinen in der Gallenblase (Cholezystolithiasis) ist die Gallenkolik. Häufig werden Symptome auch durch eine Obstruktion oder Entzündung der Gallenwege ausgelöst.

Betroffene mit symptomatischen Gallensteinen (etwa 25 % der Betroffenen) haben ein erhöhtes Risiko für eine Reihe von Komplikationen (z. B. Bauchspeicheldrüsenentzündung, Gallenblasenentzündung). 

Symptome, die im Zuge eines Gallenleidens auftreten können, sind:

  • Krampfartige oder anhaltende Schmerzen im rechten Oberbauch (Koliken)

  • Dumpfe, unspezifische Oberbauchschmerzen

  • Schmerzen nach Nahrungsaufnahme

  • Schmerzen die in die rechte Schulter ausstrahlen

  • Völlegefühl

  • Übelkeit

  • Erbrechen

Sind die Steine in den Gallenwegen gelegen und behindern sie den Gallenabfluss können weitere Symptome auftreten:

  • Gelbfärbung der Haut und der Augen (Gelbsucht, Ikterus)

  • dunkler Urin

  • heller Stuhl

  • Schüttelfrost

  • Fieber

  • Sepsis-Zeichen

Gallenkoliken mit einer Dauer von über 5 Stunden werden meist durch ein kompliziertes Gallensteinleiden verursacht. Etwa die Hälfte aller Personen mit einer Gallenkolik erlebt innerhalb eines Jahres eine weitere Kolik oder andere Gallenstein-Komplikationen.

Diagnose

Bei einem symptomatischen Gallensteinleiden sind die genaue Anamnese und der klinische Untersuchungsbefund wegweisend für die Diagnose. Häufig tritt ein Druckschmerz im rechten Oberbauch auf. 

Um Gallensteine, beispielsweise in der Gallenblase, zu diagnostizieren, eignet sich vor allem die Ultraschalluntersuchung des Oberbauches (Oberbauchsonographie). Mittels der Oberbauchsonographie können auch die intrahepatischen Gallenwege beurteilt werden. Die Computertomographie (CT) eignet sich vor allem bei einem komplizierten Verlauf oder in einer Notfallsituation – hier kann beispielsweise eine Gallenblasenperforation oder eine Pankreatitis erkannt werden.

Das Murphy Zeichen beschreibt eine Untersuchung, bei der der Patient tief einatmet und der Arzt gleichzeitig mit den Fingern unter dem rechten Rippenbogen (Bereich der Gallenblase) palpiert. Bei einer entzündeten Gallenblase kommt es dabei zu Schmerzen und der Arzt kann die Gallenblase ertasten.

Laboruntersuchung

Die Blutuntersuchung ist bei einer einfachen Gallenkolik meist unauffällig. Bei einer Gallenblasenentzündung oder einer Entzündung der Gallenwege zeigt sich häufig eine Vermehrung der weißen Blutkörperchen (Leukozytose) und eine Erhöhung des C-reaktiven Proteins (CRP).

Gallenblasensonographie (iStock / Shidlovski)

Weitere Diagnostik

Eine weitere Methode für eine Diagnose von Gallensteinen stellt die endoskopische Gallengangsdarstellung (ERCP) dar. Bei dieser Methode lassen sich im Zuge der Untersuchung gleichzeitig auch kleinere Steine entfernen. Alternativ kann auch die Magnetresonanz-Cholangiographie (MRCP) angewendet werden. Bei dieser Methode wird auch zeitgleich die Umgebung der Gallenwege dargestellt. Auch eine Endosonographie eignet sich als bildgebendes Verfahren.

Therapie

Ein symptomloses Gallensteinleiden muss nicht behandelt werden. Nur etwa 1 % der asymptomatischen Gallensteinleiden entwickeln sich im Zeitraum von einem Jahr zu Gallensteinleiden mit Symptomen. Treten im Zuge der Gallensteine jedoch Beschwerden auf, stellt dies meist eine Indikation zur laparoskopischen Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie) dar. Die Rezidivrate bei symptomatischen Gallensteinleiden beträgt ungefähr 50 % mit einer Komplikationsrate von 1 bis 3 % pro Jahr.

Symptomatische Therapie

Bei einer akuten Gallenkolik können Spasmolytika (z. B. N-Butylscopolamin intravenös) angewendet werden. Hierbei sollten die Kontraindikationen wie etwa das Glaukom, Herzrhythmusstörungen oder eineSchwangerschaft beachtet werden. Zudem eignen sich zur symptomatischen Therapie der Schmerzen Schmerzmittel wie Metamizol, Paracetamol oder auch Opiatderivate wie Pethidin. Bei einer akuten Gallenblasenentzündung oder einer Entzündung der Gallenwege (Cholangitis) ist eine antibiotische Therapie (z. B. Ceftriaxon plus Metronidazol) häufig empfehlenswert. Die häufigsten Erreger der Gallenblasenentzündung sind Enterokokken oder Escherichia coli.

Konservative Steintherapie

Bei hohem Operationsrisiko kann eine konservative Litholyse mittels Ursodeoxycholsäure (UDCA) erfolgen. Dies ist jedoch nur bei kleinen Gallenblasensteinen < 5 mm empfehlenswert. Zudem sollte die Therapie bei Steinfreiheit von Betroffenen (durch einen Ultraschall bestätigt) für weitere drei Monate fortgesetzt werden.

Prognose

Komplikationen, die im Zuge eines Gallensteinleidens auftreten können, sind:

  • Akute Entzündungen der Gallenblase (Cholezystitis)

  • Entzündung der Gallenwege (Cholangitis)

  • Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis)

  • Gelbsucht (Ikterus)

  • Erhöhtes Risiko für Gallenblasen- oder Gallengangskarzinome

Die Eingriffe an der Gallenblase und an den Gallengängen sind relativ risikoarme Routineeingriffe und werden deshalb im Allgemeinen von Patienten gut vertragen. Zudem ist die Komplikationsrate meist niedrig. Die nicht-operativen Behandlungen von Gallensteinleiden weisen leider eine hohe Rezidivrate auf.

Die häufigste Komplikation bei einem Gallensteinleiden ist die akute Gallenblasenentzündung (Cholezystitis) infolge eines Verschlusses des Gallengangs. In seltenen Fällen kann es auch zu einem Durchbruch des Steins in die Bauchhöhle oder in den Dünndarm (Perforation) kommen. Bei den meisten Menschen führt der Gallengang zusammen mit dem Ausführungsgang der Bauchspeicheldrüse in den Dünndarm. Hier kann daher ein Verschluss mit einem Rückstau eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse (akute Pankreatitis) auslösen.

Vorbeugen

Derzeit sind keine spezifischen Maßnahmen bekannt, um Gallensteinen vorzubeugen. Generell wird eine gesunde Lebensweise, mit einer ausgewogenen Ernährung und regelmäßiger körperlicher Aktivität (Sport) empfohlen.

Risikofaktoren für Gallensteine sind Übergewicht, sowie eine cholesterinreiche, ballaststoffarme Ernährung. Diese Faktoren sollten möglichst gering gehalten werden, auch wenn bereits einmal ein Gallensteinleiden aufgetreten ist.

Redaktionelle Grundsätze

Alle für den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprüften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter Universitäten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Dr. med. univ. Moritz Wieser

Dr. med. univ. Moritz Wieser
Autor

Moritz Wieser hat das Studium der Humanmedizin in Wien absolviert und studiert derzeit Zahnmedizin. Er verfasst vorrangig Artikel zu den häufigsten Krankheiten. Besonders interessiert er sich für die Themenbereiche Augenheilkunde, Innere Medizin und Zahnmedizin.

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